Zwischenlandung auf Kunashir Medwedew heizt Kurilen-Streit an
01.11.2010, 10:41 Uhr
Der Kurilen-Streit verhindert einen offiziellen Friedensvertrag seit über 60 Jahren.
(Foto: REUTERS)
Ungeachtet scharfer Proteste aus Tokio besucht der russische Präsident Medwedew die zwischen Japan und seinem Land umstrittenen Kurilen-Inseln. Medwedew trifft auf der Insel Kunashir ein, einer von vier Inseln, auf die Japan Anspruch erhebt. Es ist der erste Besuch eines russischen Staatschefs seit 1945.
Zwischen Japan und Russland ist es wegen eines alten Territorialstreits zu neuer Verstimmung gekommen. Auslöser war ein überraschender Besuch von Kremlchef Dmitri Medwedew auf einer der zwischen Russland und Japan seit langem umstrittenen Südkurilen-Inseln. Der Disput erfolgt zu einer Zeit, da ein anderer Inselkonflikt auch Japans Verhältnis zu China belastet.
Medwedew landete mit seiner Präsidentenmaschine zu einem eintägigen Kurzbesuch auf dem Rückflug von Hanoi (Vietnam) auf der Insel Kunashiri und kündigte Millioneninvestitionen in der Region an. Der Lebensstandard der Menschen auf der Inselkette im äußersten Osten Russlands sei bald so gut wie in Zentralrussland, versprach er.
Es sei mit Hilfe von Investitionen gelungen, eine Abwanderungswelle von den Inseln zu stoppen, sagte Medwedew, der ein Auto aus japanischer Produktion fuhr. "Wir sind daran interessiert, dass die Menschen hierbleiben." Beim Besuch eines geothermischen Kraftwerks sprach sich der Kremlchef für einen Ausbau der Energieversorgung auf der Inselgruppe aus. Der Leitung einer Fischverarbeitungsfabrik sagte er einen Abbau bürokratischer Hürden für die Lieferung von Kaviar aufs Festland zu. Tokio protestierte umgehend. Außenminister Seiji Maehara bestellte den russischen Botschafter in Tokio ein.
Streit seit 1945
Seit Jahrzehnten fordert Tokio die Rückgabe der vier südlichen Inseln, die sowjetische Truppen im Zweiten Weltkrieg besetzt hatten. Wegen des Streits um die Südkurilen haben Russland und Japan bis heute keinen Friedensvertrag unterzeichnet. Medwedew ist der erste russische Führer, der die Inseln besuchte. In Japan werden sie nördliche Territorien genannt. Wirtschaftlich ist die zwischen der russischen Halbinsel Kamtschatka und der japanischen Insel Hokkaido gelegene Gegend wegen Bodenschätzen und des Fischreichtums begehrt.
Tokio hatte zuvor gewarnt, dass ein solcher Besuch den bilateralen Beziehungen schade. Premier Naoto Kan nannte den Besuch Medwedews vor einem Parlamentsausschuss "äußerst bedauerlich". Er bekräftigte, die Insel-Gruppe gehöre zu Japan. Der Besuch habe die Gefühle der japanischen Öffentlichkeit verletzt, sagte Außenminister Maehara.
Der chinesisch-japanische Streit um die auf Japanisch Senkaku und auf Chinesisch Diaoyu genannten Inseln nordöstlich von Taiwan war im September neu aufgeflammt. Die japanische Küstenwache hatte ein chinesisches Fischerboot aufgebracht, wobei es zu einer Kollision gekommen war. Chinas Premier Wen Jiabao und der japanische Regierungschef Kan wollten sich beim Ostasien-Gipfel in Hanoi aussprechen, doch sagte China das aus Ärger über Äußerungen des japanischen Außenministers kurzfristig ab. Schließlich tauschten die beiden sich lediglich für zehn Minuten aus.
Quelle: ntv.de, dpa