Massenproteste treiben Kreml um Medwedew lässt Wahl prüfen
11.12.2011, 16:48 Uhr
"Wir sind nicht die Opposition. Die Russen wollen nur das Recht haben, zu wählen."
(Foto: dpa)
Die Massenproteste gegen die angebliche Wahlfälschung in Russland zwingen den Kreml zu scheinbaren Zugeständnissen. Er werde die Einhaltung der Wahlgesetze untersuchen lassen, kündigt Präsident Medwedew an. Ministerpräsident Putin lässt erklären, er wolle den Demonstranten "zuhören". Neuwahlen kommen allerdings nicht infrage.
Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat eine Untersuchung der Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl angeordnet. Damit reagiert Medwedew offenbar auf die landesweiten Proteste, an denen am Wochenende . Die Forderungen der Regimekritiker nach einer Neuwahl finden im Kreml allerdings kein Gehör. "Ich stimme keinem der Sprüche oder Aufrufe zu, die auf den Kundgebungen gemacht wurden", teilte der Präsident auf seiner offiziellen Facebook-Seite mit. Er habe aber befohlen, alle Berichte aus den Wahlbüros "auf Einhaltung der Wahlgesetze" zu überprüfen.
Bei den massivsten Anti-Regierungsprotesten in Russland seit den 1990er Jahren hatten allein in der Hauptstadt Moskau bis zu 100.000 Menschen ihrem Unmut lautstark Luft gemacht. Sie warfen Ministerpräsident Wladimir Putin und Präsident Medwedew Manipulationen vor.
50.000 Beamte auf Moskaus Straßen
Mit Transparenten und Sprechchören forderten die Demonstranten in Moskau ein "Russland ohne Putin" und das Ende von dessen "gelenkter Demokratie". "Ich habe die Nase voll von dieser Lügen- und Diebstahlatmosphäre", sagte der 47-jährige Oleg.
Die Polizei gab die Teilnehmerzahlen der größten Demonstrationen in Russland seit rund zwei Jahrzehnten für Moskau mit 25.000 und für die zweitgrößte Stadt des Landes, St. Petersburg, mit 10.000 an. Die Polizei reagierte in der Hauptstadt und andernorts mit Großaufgeboten auf die Kundgebungen, verhielt sich aber weitgehend zurückhaltend. In Moskau waren rund 50.000 Beamte im Einsatz.
Ihren Anfang nahmen die in insgesamt rund 90 Städten stattfindenden Proteste im Osten Russlands. Unter anderem in Krasnojarsk, Tscheljabinsk und Nowosibirsk gingen nach Angaben von Aktivisten tausende Menschen auf die Straße. Dutzende Festnahmen gab es der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti zufolge in Chabarowsk. Bei vorangegangenen Protesten seit der Wahl am 4. Dezember waren etwa 1600 Menschen festgenommen worden.
Putin will Demonstranten "zuhören"
Die Opposition wirft dem Kreml Wahlfälschung zugunsten der Regierungspartei Einiges Russland von Putin und Medwedew vor. Dem endgültigen Wahlergebnis zufolge erhielt sie 49,32 Prozent der Stimmen und damit 238 der 450 Parlamentssitze. Putin, der bereits in den Jahren 2000 bis 2008 Staatschef war, will sich im März erneut zum Präsidenten wählen lassen. Medwedew soll dann Regierungschef werden.
Putins Sprecher Dmitri Peskow erklärte, die russische Führung wolle den Demonstranten "zuhören" und ihre Meinungen "respektieren". Bei den Kundgebungen handle es sich jedoch lediglich um Proteste "eines Teils der Bevölkerung, der mit den offiziellen Ergebnissen unzufrieden ist". Peskow warnte, jegliche Proteste müssten sich im Rahmen des Gesetzes bewegen.
Der staatliche Fernsehsender NTW berichtete am Samstag erstmals über die Proteste gegen das Wahlergebnis. RIA Nowosti versandte einen analytischen Text über die Pflicht der Regierung, auf die Demonstranten einzugehen. Andere Medien berichteten aus Kreisen des Kremls, Medwedew habe für die Berichterstattung grünes Licht gegeben. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb NTW später, die Arbeit des Senders zeige, dass er unabhängig sei.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP