Politik

Terror, Angst und Perfidie Merkel auf Schäuble-Kurs

Angesichts der anhaltenden Terrorgefahr dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf schärfere Sicherheitsgesetze und will die Bundeswehr verstärkt im Innern einsetzen. "Die alte Trennung von innerer und äußerer Sicherheit ist von gestern", sagte Merkel. Sie verwies zudem ausdrücklich auf die Forderung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), Online-Durchsuchungen von Computern gesetzlich zu erlauben. Die Gesetzgebungsarbeit sei hier noch nicht abgeschlossen, sagte sie. Schäuble selbst bekräftigte nach den Autobomben-Funden von London und dem Anschlag auf den Flughafen Glasgow seine Forderung, die deutschen Behörden müssten im Anti-Terror-Kampf Telefone, Handys und Computer besser überwachen können.

Nach den Worten Merkels reagiert das neue CDU-Grundsatzprogramm auf die neuen Gefahren des internationalen Terrorismus. Die Anschläge in New York im Jahr 2001 markierten eine Zäsur in der Außen- und Sicherheitspolitik. Die Union ziehe die Schlussfolgerungen aus den "gravierenden Veränderungen" der vergangenen Jahre, betonte sie. In dem Programm heißt es, Bestandteil eines Sicherheitskonzepts zur Stärkung des Heimatschutzes sei "auch die Bundeswehr". "In besonderen Gefährdungslagen muss ihr Einsatz im Innern möglich sein." Das Militär müsse seine Fähigkeiten beispielsweise bei der Bewältigung terroristischer Gefahren "ergänzend zur Polizei von Bund und Ländern im Rahmen festgelegter Grenzen einbringen können".

Scharfe Kritik von SPD

Die SPD wies den Vorstoß von Merkel für einen Bundeswehr-Einsatz im Inneren vehement zurückgewiesen. Generalsekretär Hubertus Heil sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Sicherheit Deutschlands dürfe „nicht zum Gegenstand parteitaktischer Überlegungen werden“. Die Sozialdemokraten lehnten eine Verwischung der Kompetenzen von Polizei und Bundeswehr ab. „Insofern spricht Frau Merkel als CDU-Vorsitzende und nicht als Bundeskanzlerin, wenn sie das fordert“, sagte Heil. SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper nannte es „perfide“, wie die Union die Terrorgefahr politisch instrumentalisiere. Gegen diese Forderung stehe die SPD „felsenfest“, sagte Körper.

Nach Angaben der SZ werden sich Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) und Innenminister Schäuble am Mittwoch im Kanzleramt treffen. Dabei dürfte es auch um Schäubles Forderung gehen, möglichst schnell das Gesetz über das Bundeskriminalamt zu beschließen, in dem er den umstrittenen Fernzugriff auf Computer festschreiben will.

Innenministerium: Keine erhöhte Anschlagsgefahr

Zuvor hatte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums gegenüber n-tv.de festgestellt, dass es keine konkreten Hinweise auf geplante Anschläge hierzulande gäbe, auch wenn Deutschland zum Gefahrenraum gehöre. Er widersprach damit Äußerungen des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, wonach "in naher Zukunft mit schweren Anschlägen" gerechnet werden müsse. "Wir warten auf genauere fachliche Erkenntnisse seitens der britischen Behörden", erklärte der Sprecher des Innenministeriums. Das Bundesinnenministerium habe die bereits bestehende Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden von befreundeten Diensten nach den jüngsten Terrorvorfällen in Großbritannien intensiviert.

Freiberg hatte gesagt, in Deutschland lebten etwa 100 Personen, die willens und in der Lage seien, Anschläge zu verüben. Dazu gehörten radikale Islamisten, die ihre Ausbildung in Pakistan oder Afghanistan absolvierten oder gerade hinter sich hätten, betonte er. Durch das deutsche Engagement in Afghanistan, zuletzt durch die Entsendung von Tornados, habe sich auch die Terrorgefahr hierzulande weiter erhöht, sagte er.

Schäuble will mehr Gesetze

Schäuble bekräftigte unterdessen seine Forderung nach schärferen Sicherheitsgesetzen in Deutschland. Es müssten die nötigen gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, um im Anti-Terror-Kampf Telefone, Handys und Computer überwachen zu können, sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Man müsse dem Bundeskriminalamt "unter klaren rechtlichen Begrenzungen und Voraussetzungen die Möglichkeit geben, in die Kommunikationsstrukturen der Terroristen einzudringen".

Europa insgesamt befinde sich "im Fadenkreuz" des islamistischen Terrorismus. "Dasselbe kann uns in Deutschland passieren", sagte Schäuble mit Blick auf die Ereignisse in Großbritannien. "Also man sollte sich auch nicht zu sehr beruhigen. Das hätte ganz schlimme Folgen haben können, und wir müssen eben befürchten, dass so etwas auch mal funktioniert. Dann muss es nicht in Großbritannien sein. Dann kann es an einem anderen Ort in Europa sein und eben auch in Deutschland." Schäuble betonte aber, es gebe keine Erkenntnisse, dass die Vorfälle in Großbritannien einen Bezug zu Deutschland hätten. Schäuble plädierte in der ARD erneut dafür, die Videoüberwachung vor allem in Großstädten auszudehnen. "Dass man es an Brennpunkten öffentlicher Sicherheit, zunehmend auch in den Großstädten, machen sollte, darüber diskutieren wir seit langem. Ich glaube, dass das auch grundsätzlich richtig ist", sagte er.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen