Politik

Religionstoleranz gefordert Merkel beklagt Antisemitismus

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Graumann überreicht Merkel einen Chanukka-Leuchter.

(Foto: dapd)

In Zeiten einer hitzig geführten Beschneidungsdebatte und eines zunehmenden Antisemitismus besucht erstmals ein Kanzler die Ratsversammlung des Zentralrats der Juden in Deutschland. Merkel beklagt die Intoleranz gegenüber Religionen und fordert mehr Toleranz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat "ein großes Maß an Antisemitismus" in Deutschland beklagt. Als Beispiele führte Merkel Angriffe auf Rabbiner, aber auch Meinungsäußerungen in der Debatte über Beschneidungen an. Das müsse alle dazu bringen, darüber nachzudenken, was Toleranz gegenüber Religionen bedeute, sagte Merkel am Rande der jährlichen Ratsversammlung des Zentralrats der Juden in Deutschland in Frankfurt am Main.

"Der Respekt für die Lebbarkeit religiöser Rituale ist ein hohes Gut", sagte die Kanzlerin weiter. Religionsfreiheit drücke sich auch darin aus, dass Religion ausgeübt werden könne, betonte Merkel. Sie freue sich, dass es ein "lebendiges jüdisches Leben" in Deutschland gebe. Zuvor hatte noch nie ein Kanzler dieses wichtigste Gremium der jüdischen Gemeinden besucht.

Es habe "sehr gut getan", dass die Kanzlerin in einer schwierigen Zeit gekommen sei, sagte Zentralratspräsident Dieter Graumann nach dem Treffen.  Angesichts der teilweise antisemitisch geführten Debatte um Beschneidungen sprach Graumann von einem "Sommer des Missvergnügens". Vor diesem Hintergrund sei der Besuch der Kanzlerin "besonders wichtig" gewesen.

"Jedes Land hat das Recht auf Verteidigung"

Auslöser der Beschneidungsdebatte war ein Urteil des Kölner Landgerichts, das die rituelle Beschneidung eines minderjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung eingestuft hatte. Das Urteil führte zu einer Protestwelle von Juden und Muslimen. Die Bundesregierung will rituelle Beschneidungen in Deutschland weiter ermöglichen. Das Gesetz könne hoffentlich noch vor Weihnachten verabschiedet werden, sagte Merkel.

Gleichzeitig bekräftigte die Kanzlerin ihre Rückendeckung für Israel im Nahost-Konflikt. "Jedes Land hat das Recht auf Verteidigung, Selbstverteidigung und den Schutz seiner Bürger", sagte Merkel. Letzteres sei sogar die Pflicht jeder Regierung.

Die Ratsversammlung, auf der Merkel zu Gast war, ist das oberste Entscheidungsgremium des Zentralrats. Sie berät über alle Grundsatzfragen der jüdischen Gemeinschaft. Der Ratsversammlung gehören alle Landesverbände und einzelne Großgemeinden wie Berlin, München, Frankfurt am Main und Köln an.

Knobloch fordert Verständnis für Israel

Die ehemalige Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch forderte derweil angesichts der jüngsten Eskalation im Nahen Osten von den Deutschen mehr Verständnis für die Situation in Israel. "Für die Menschen in Israel ist es wichtig, zu spüren, dass die deutsche Bevölkerung hinter ihnen steht", schrieb Knobloch in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag". In Deutschland wüssten die Menschen noch "zu wenig über Millionen Israelis in täglicher Angst".

"Deutschland ist für Israel ein verlässlicher Partner", zeigte sich Knobloch überzeugt. Sie hoffe, "dass die Politik diese Staatsräson den Bürgern noch besser vermittelt, um den gesamtgesellschaftlichen Rückhalt zu gewährleisten". Die frühere Zentralratspräsidentin lobte zugleich die Haltung der Bundesregierung. Sie danke Kanzlerin Merkel, die klargestellt habe: "Schuld an der jüngsten Eskalation im Nahen Osten ist allein die terroristische Hamas, die seit Jahren täglich Raketen aus dem Gazastreifen nach Israel feuert!"

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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