Zeitalter der Ökoenergien hat begonnen Merkel erfreut die Atomwirtschaft
27.08.2010, 19:11 UhrDie Bundesregierung will rasch Schlussfolgerungen aus dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten zu den Auswirkungen längerer AKW-Laufzeiten ziehen. Die Szenarien würden schnell ausgewertet. In den Ländern formiert sich derweil Widerstand gegen längere Laufzeiten. Merkel spricht indes vom Beginn des Ökoenergie-Zeitalters.
Die Bundesregierung strebt als langfristiges Ziel ein Zeitalter der Öko-Energien an. "Es ist vollkommen klar, dass ein Mix von Energien wichtig ist, dass dieser Mix sich dramatisch verändern wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hin zu dem Zeitalter der erneuerbaren Energien", sagte die CDU-Vorsitzende zum Abschluss ihrer "Energie-Reise" in Darmstadt. Es gehe um Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit. Die Regierung will Ende September über längere Laufzeiten der Atomkraftwerke und den Ausbau der Öko-Energien entscheiden.
Derweil geht das Rätselraten über mehr Geld der Atomwirtschaft zugunsten der Öko-Energien weiter. Merkel wollte sich trotz beharrlicher Nachfragen von Journalisten auf ihrer Energie-Tour nicht festlegen, ob die Energiekonzerne über eine Steuer hinaus freiwillig zahlen sollen oder ob ein Pflichtbeitrag kommt.
Die Koalition werde sich nach der Vorlage der Gutachten mehrerer Institute zur Energiepolitik rasch zusammensetzen. Das Gutachten traf am Nachmittag bei der Bundesregierung ein. Die Modelle sind eine der Grundlagen für das Energiekonzept und die Entscheidung über längere Laufzeiten der Atomkraftwerke. Vize-Regierungssprecher Christoph Stegmans kündigte an, dass das Umwelt- und das Wirtschaftsministerium die Ergebnisse über das Wochenende auswerten. Die Minister Röttgen und Brüderle würden sich zu Beginn nächster Woche äußern und die Szenarien zur Verfügung stellen. Die Regierung sieht kein Problem darin, dass das beteiligte Energiewissenschaftliche Institut der Universität Köln (EWI) von den Stromkonzernen RWE und Eon acht Millionen Euro erhält.
EnBW freut sich über Freiwilligkeit
Die "Süddeutsche Zeitung" schrieb, die Regierung setze auf freiwillige Investitionen, um eine zu große Belastung der Konzerne zu vermeiden. Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans wollte den Bericht nicht bestätigen. Er sagte allerdings: "Der Begriff "Beitrag" ist nicht ohne Bedacht so eingeführt worden." Die Kanzlerin habe am Donnerstag nicht von einer Abgabe gesprochen. "Eine Abgabe (...), da versteht man Leistungen drunter, zu denen Personen verpflichtet werden."
Die Regierung plant eine Brennelementesteuer in Höhe von 2,3 Milliarden Euro pro Jahr. Merkel will darüber hinaus einen weiteren Beitrag. Wenn die Atommeiler länger am Netz bleiben, sollen die Zusatzgewinne der Betreiber abgeschöpft werden und möglichst in Öko- Energien fließen.
Der Chef des Stromkonzerns EnBW, Hans-Peter Villis, hält freiwillige Investitionen in erneuerbare Energien als Gegenleistung für längere Laufzeiten für sinnvoll. "Eine Selbstverpflichtung wäre für uns nicht schlecht", sagte er beim Treffen mit Merkel in Rheinfelden. Villis forderte eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke um mindestens zehn Jahre. "Es lohnt sich nicht, hunderte Millionen Euro zu investieren, um dann zwei bis drei Jahre genehmigt zu bekommen." Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer warnte vor einer freiwilligen Lösung: "Entweder ist Merkel naiv oder sie hat sich einkaufen lassen."
Keine Begründung für längere Laufzeiten
Längere Laufzeiten der Atomkraftwerke würden nach Expertenberechnung höchstens einen leicht dämpfenden Effekt auf die Strompreise haben. Das deutet sich im Gutachten zu den Energiemodellen an. Steigende Preise könnten - wenn überhaupt - nur leicht gebremst werden. Das "Handelsblatt" schrieb, ein Verzicht auf eine Verlängerung hätte weder nennenswerten Einfluss auf die Strompreise noch auf die Versorgungssicherheit.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte: "Jetzt ist das Dilemma der Bundesregierung, dass sie verzweifelt versucht, eine gute Begründung zu finden für die Laufzeitverlängerung. Es gibt aber keine." Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte Merkel auf, die Verhandlungen mit den Energiekonzernen zu beenden.
Mehrere Bundesländer kündigten Verfassungsklagen an, um eine Laufzeitverlängerung für Atommeiler ohne Einbindung des Bundesrates zu verhindern. "Wir meinen, dass die Bundesregierung mit dem Versuch, die Laufzeiten zu verlängern - und das an den Bundesländern vorbei - gegen das Grundgesetz verstößt", sagte der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel (Grü
Quelle: ntv.de, AFP/dpa