Politik

Kanzlerin hält an Betreuungsgeld fest Merkel kämpft für die CSU

Selbst unter den Wählern der Union ist eine klare Mehrheit gegen das Betreuungsgeld. Und unter den Abgeordneten der Unionsfraktion rumort es gewaltig. Und dennoch verteidigt Kanzlerin Merkel die CSU-Pläne. Ihr Fraktionschef fordert sofortige Ruhe.

100 Euro monatlich, wenn das Kind nicht in die Kita geht. Wer würde da nicht zugreifen?

100 Euro monatlich, wenn das Kind nicht in die Kita geht. Wer würde da nicht zugreifen?

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hält trotz des Widerstands in ihrer eigenen Partei am geplanten Betreuungsgeld für Eltern fest, die sich zuhause selbst um ihre Kinder kümmern wollen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Bundesregierung stehe zu dem, was die Koalitionspartner CDU, CSU und FDP im vorigen November erneut beschlossen hätten.

Wie die CSU begründete Seibert das geplante Elterngeld mit der "Wahlfreiheit" der Eltern, wie sie ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr betreuen oder betreuen lassen wollen. Dafür werde zum einen der Ausbau von Kindertagesstätten finanziell gefördert und zum anderen ein Betreuungsgeld eingeführt. Bis zur Sommerpause werde ein Gesetzentwurf eingebracht. Seibert: "Wenn der vorliegt, ergibt sich die Gelegenheit zu allen notwendigen Diskussionen."

Der Streit um die von Kritikern "Herdprämie" genannte Zahlung ist wieder aufgeflammt, weil 23 CDU-Abgeordnete ankündigten, der Vereinbarung nicht zuzustimmen. Die CSU, die den Beschluss zum Betreuungsgeld durchgesetzt hatte, pocht auf Einhaltung der Koalitionsabsprachen vom November. Die FDP machte deutlich, dass sie nicht am Betreuungsgeld hängt. Seibert betonte: "Die politische Entscheidung in der Koalition ist gefallen."

Kauder fordert Stille

Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte, er rechne mit einem Kompromiss. Zugleich forderte er die Kontrahenten auf, sich dazu nicht mehr öffentlich zu äußern. "Bei der Ausgestaltung eines Betreuungsgeldes werden wir eine Lösung finden, die auch von Kritikern mitgetragen werden kann", erklärte er in einer Mitteilung. Er ging darin nicht darauf ein, wie diese Lösung aussehen könnte.

Kauder mahnte: "Ich fordere alle auf, diesen Beratungsprozess intern zu halten und nicht mit öffentlichen Erklärungen zu erschweren." Er rate dazu, "die Diskussion zu beenden und nicht das Geschäft des politischen Gegners zu betreiben".

100 bis 150 Euro im Monat

Der Gesetzentwurf soll bis Ostern im Bundesfamilienministerium fertiggestellt sein und anschließend in die Abstimmung gehen. Die Leistung soll ab 2013 an Eltern gezahlt werden, die ihre Kinder nicht in eine Kita geben. Zunächst sollen es 100 Euro, später 150 Euro monatlich geben. 2013 sind im Bundeshaushalt 400 Millionen Euro dafür eingeplant. Ab 2014 sollen es jährlich 1,2 Milliarden Euro sein.

Der CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann forderte Merkel auf, die Gesetzesinitiative zu stoppen. Er sagte der "Bild"-Zeitung: "Es wäre klug, wenn die Kanzlerin dieses Unfug-Gesetz stoppen würde."

Selbst Mehrheit der Unionswähler gegen Betreuungsgeld

Nach einer repräsentativen Umfrage des Kölner Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa sehen die meisten Anhänger der Union und der Koalition wie die Gesamtbevölkerung das geplante Betreuungsgeld kritisch.

Danach erwarten mehr als zwei Drittel der Sympathisanten von CDU/CSU und FDP (72 Prozent), dass ärmere oder sogenannte bildungsferne Eltern dadurch abgehalten werden, ihr Kind in eine Kita oder eine andere Betreuungseinrichtung zu schicken. Für die meisten Unions-Wähler wäre es auch sinnvoller, die für das staatliche Betreuungsgeld eingeplanten Mitteln in den Kita-Ausbau zu stecken.

73 Prozent der Bevölkerung erwarten, dass viele Kinder etwa aus Migrantenfamilien deswegen zuhause bleiben und so nicht ausreichend gefördert werden. Lediglich 17 Prozent sind gegenteiliger Ansicht.

"Betreuungsgeld steht nicht zur Debatte"

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, beharrte in der "Bild"-Zeitung auf den Absprachen: "Das Betreuungsgeld steht nicht zur Debatte." Sie widersprach dem Vorwurf, die Eltern gäben das Geld nicht für ihre Kinder aus. Zwei Drittel der Familien in Bayern betreuten ihre Kinder in den ersten Lebensjahren daheim. "Das sind keine Menschen, die am Herd stehen oder das Geld vertrinken."

Diana Golze von den Linken sagte: "Mit Rollenbildern aus dem 19. Jahrhundert kann man keine Familienpolitik für das 21. Jahrhundert machen. Diese Erkenntnis scheint endlich auch in den Reihen der CDU zu reifen." Die Grünen-Abgeordnete Katja Dörner sagte: "Es ist nicht akzeptabel, dass die CSU mit dem Betreuungsgeld der gesamten Republik ihr rückwärtsgewandtes Familienbild aufzwingen möchte." Familienministerin Kristina Schröder (CDU) müsse den "Spuk" beenden.

Quelle: ntv.de, dpa

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