Politik

35er-Inzidenz und dann? Merkel skizziert Lockerungsfahrplan

Trotz des Vergleichs mit der viel schnelleren Impfgeschwindigkeit in Großbritannien bleibt die Kanzlerin dabei, dass Deutschland nicht zu knauserig war in Sachen Impfstoff.

Trotz des Vergleichs mit der viel schnelleren Impfgeschwindigkeit in Großbritannien bleibt die Kanzlerin dabei, dass Deutschland nicht zu knauserig war in Sachen Impfstoff.

(Foto: dpa)

Was muss passieren, um weitere Lockerungen durchzusetzen? Die Bundeskanzlerin spricht in einem aktuellen Interview von einem stabilen Inzidenzwert von 35. Kritik, dass Knauserigkeit für die aktuelle Impfstoffknappheit gesorgt hat, weist sie zurück. Versäumnisse gesteht sie jedoch ein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihren Plan für die weiteren Lockerungsschritte bei den Corona-Eindämmungsmaßnahmen erläutert. Es müsse jeweils ein "Infektionszyklus" abgewartet werden - liege die Sieben-Tage-Inzidenz nach einem Öffnungsschritt "zwei Wochen lang stabil unter 35, dann können wir den nächsten Schritt ins Auge fassen", sagte sie in einem Interview mit Marietta Slomka im ZDF. Dabei erklärte sie auch, dass die Inzidenz 35 eine erste Vorsichtszahl sei, bei der erste Schutzmaßnahmen getätigt werden sollen. Im Umkehrschluss dürfe man an Öffnungen denken, wenn man sie unterschreite. Bei 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche zu lockern ist Merkel zufolge bereits ein gewagter Schritt.

Sie sehe "drei Stränge" bei den noch stark eingeschränkten Bereichen, sagte die Regierungschefin: erstens höhere Klassen der Schulen, Berufsschulen und Universitäten, zweitens die privaten Kontakte und als Drittes die Bereiche Kultur, "Gruppensport" sowie Restaurants und Hotels. "Wir müssen politisch entscheiden, welche Öffnungsschritte aus welchem Strang wollen wir jetzt als nächste." Dies werde auch bei den nächsten Bund-Länder-Beratungen am 3. März besprochen.

Die Kanzlerin verwies auf die Gefahr der ansteckenderen Corona-Mutationen. "Deshalb müssen wir besonders aufmerksam sein", mahnte sie. Es hänge "von uns und klugen Öffnungsschritten ab, ob wir ohne eine groß ausgeprägte dritte Welle durch die Pandemie kommen oder ob wir zu unvorsichtig sind und dann doch wieder vielleicht steigende Fallzahlen haben, was ich vermeiden möchte."

Merkel: Im Herbst zu zögerlich mit Maßnahmen

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"Wir haben eine schwierige Zeit jetzt hinter uns und sind noch mitten in ihr", räumte Merkel ein. "Aber wir haben in den letzten dreieinhalb Wochen die Fallzahlen immerhin halbiert. Das heißt: Wir sind auf einem Ast, der absteigt." Die Schwelle von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen könne bald unterschritten werden, "wenn wir uns noch an die Kontaktbeschränkungen halten", sagte die Kanzlerin. "Ich glaube, dass wir die Inzidenz schon am 1. März erreichen können."

Kritisch blickte Merkel in dem Interview auf die Vorgehensweise im vergangenen Herbst. Man sei "zu zögerlich rangegangen" bei den Vorsichtsmaßnahmen. "Ich habe damals kein gutes Gefühl gehabt, aber ich habe die Entscheidung mitgetragen", sagte Merkel. Beim Thema Alltagsmasken sei sie ebenso zu vorsichtig gewesen. Diese haben laut Kanzlerin einen wichtigen Beitrag geleistet als es noch nicht genug medizinische Masken gab. Die Wichtigkeit des Tragens einer solchen Maske sei nicht genug kommuniziert worden.

Als weiteres Versäumnis nannte die Kanzlerin, dass auch nicht ausreichend auf eine zu erwartende anfängliche Impfstoffknappheit hingewiesen worden sei. "Die ersten Wochen sind jetzt knapp, und das haben vielleicht auch manche Menschen anders erwartet." Im März aber würden die Impfzentren voll ausgelastet sein. Merkel widersprach zudem der Kritik, dass Deutschland und die EU bei den Verhandlungen um Corona-Impfstoffe zu sparsam gewesen seien. "Für mich stellt es sich nicht so dar, dass wir knausrig waren", sagte sie. "Es ist genug Impfstoff bestellt worden."

Quelle: ntv.de, ysc/AFP

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