Gesundheitsfonds und Basta Merkel spricht Machtwort
09.01.2008, 12:15 UhrIm Streit um den Gesundheitsfonds hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Machtwort gesprochen. Die Kanzlerin habe in der Kabinettssitzung "unmissverständlich" festgestellt, dass der Fonds wie im Gesetz vorgesehen zum 1. Januar 2009 eingerichtet werde, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Merkel erteilte damit Kritikern aus CSU, Wirtschaft und Krankenkassen eine klare Absage. Mehrere Kassen sagen voraus, dass zum Fondsstart Millionen Versicherten ein Beitragssatz in Rekordhöhe von bis zu 15,5 Prozent drohe. Die Regierung sprach von "unseriösen und unverantwortlichen" Spekulationen. Die Opposition forderte SPD und Union erneut auf, den Gesundheitsfonds zu beerdigen.
Erinnerungslücken bei der CSU
Das Gesundheitsministerium reagierte erstaunt auf CSU-Aussagen, dass eine Verschiebung des Fonds möglich sei. "Ich wundere mich schon sehr, dass gerade die, die mitverhandelt haben, im Moment wohl Erinnerungslücken haben", sagte Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD) in der ARD. CSU-Chef Erwin Huber sagte in Kreuth, heute könne man noch nicht sagen, ob der Fonds verschoben werden müsse. Der CSU-Spitzenpolitiker Peter Ramsauer ergänzte, erst müsse Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) die gesetzlichen Voraussetzungen für den Fonds erfüllen. Sonst müssten die Karten "neu gemischt werden". Huber kritisierte die Kassen. Diese verunsicherten die Bevölkerung, wenn von drohenden Rekordbeiträgen die Rede sei.
Einheitssatz ab November
Zum 1. November legt der Bund mit Blick auf den Gesundheitsfonds den Beitragssatz für alle Kassen erstmals einheitlich fest. Kommt eine Kasse mit dem Geld aus dem Fonds ab 2009 dann nicht aus, kann sie Zusatzbeiträge erheben, andernfalls Boni ausschütten. Aktuell liegt der Satz im Schnitt bei 14,8 Prozent. Einige Kassen halten es für realistisch, dass der Bund einen Beitragssatz, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen, von bis zu 15,5 Prozent festsetzen könnte.
Caspers-Merk sagte, generell sei ein höherer Kassenbeitrag nach Einführung des Fonds möglich. "Wir können das natürlich nicht ausschließen, weil der medizinische Fortschritt und die älter werdende Gesellschaft dazu führen, dass Gesundheit tendenziell teurer wird." Dies habe aber nichts mit dem Fonds zutun. Auch Steg betonte, dass die Höhe des Beitrags von vielen Faktoren wie der Konjunktur, dem Krankenstand oder der Job-Entwicklung abhänge, "aber definitiv nicht vom Fonds".
Opposition fordert Stopp
Die FDP will in der nächsten Woche im Bundestag versuchen, mit einer Abstimmung den Fonds noch zu stoppen. "Wer sich, wie derzeit Union und SPD, so für diesen Gesundheitsfonds schämt, weil er sich seiner eigenen Sache nicht mehr sicher ist, muss rasche Konsequenzen ziehen", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Bahr. Der Vize-Chef der Linken-Fraktion, Klaus Ernst, hielt der Koalition vor, krampfhaft an einem Modell festzuhalten, "das eigentlich niemand will und nachhaltig allen Beteiligten schadet". Der Fonds sei eine "vermurkste Fehlkonstruktion" und müsse beerdigt werden.
Sozialverbände auch
Der Präsident des Sozialverbands VdK Deutschland, Walter Hirrlinger, sagte, der Fonds sei "überflüssig wie ein Kropf". Am Ende würden die Versicherten die Zeche zahlen. "Je niedriger der einheitliche Beitragssatz festgelegt wird, desto höher werden voraussichtlich die Zusatzbeiträge ausfallen." Dies würde die Arbeitgeber entlasten, weil die Versicherten den Zusatzbeitrag aus eigener Tasche aufbringen müssten.
Quelle: ntv.de