Schröder plant freiwilligen Zivildienst Merkel unterstützt Wehrpflicht-Aus
22.08.2010, 16:02 Uhr
Schrumpfkur: Die deutsche Armee wird künftig wohl mit weniger Soldaten auskommen müssen.
(Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Merkel gibt ihrem Verteidigungsminister Rückendeckung für eine Reform der Bundeswehr mitsamt Aussetzung der Wehrpflicht. Ob es dazu kommen wird, will Minister Guttenberg am Montag den Koalitionsfraktionen erklären. Weil ein Ende der Wehrpflicht wahrscheinlich ist, sorgt sich Familienministerin Schröder bereits um die Zukunft des Zivildienstes.
Unmittelbar vor der Vorstellung der Umbaupläne für die Bundeswehr hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel offen für ein Aussetzen der Wehrpflicht gezeigt. Sie werde jede Entscheidung zugunsten der Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr befördern, sagte die CDU-Vorsitzende im ZDF. "Da ist ein Neudenken der Rolle der Wehrpflicht nicht ausgeschlossen." Die von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ausgearbeiteten Modelle zur Reform der Bundeswehr zeigten, "dass es gute Gründe geben kann, auch neu zu denken". Die Wehrpflicht werde aber nicht aus dem Grundgesetz gestrichen, versicherte die Kanzlerin. Es sei aber zu fragen, ob sie noch zwingend sein müsse oder ob es ausreiche, ein attraktives Angebot für Wehrdienstleistende zu machen.
Guttenberg sicherte zu, mit der Reform einen Milliarden-Sparbeitrag zu erbringen. Der CSU-Politiker will am Montag die Verteidigungspolitiker von Union und FDP darüber informieren, für welches Reformmodell er sich entschieden hat. Laut "Spiegel" wird er eine Reduzierung der Truppe von derzeit 250.000 Mann auf 165.000 bis 170.000 Soldaten vorschlagen. Nach früheren Angaben aus der Regierung läuft das Modell auf eine Aussetzung der Wehrpflicht hinaus. Sie bliebe im Grundgesetz zwar bestehen, zum Wehrdienst einberufen würden aber nur Freiwillige.
In der CDU gibt es aber weiter Vorbehalte gegen ein Aussetzen der Wehrpflicht. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, sicherte dem "Spiegel"-Bericht zufolge intern aber zu, dass die Fraktion kein Veto einlegen werde, wenn sich die Mehrheit der CDU für ein Aussetzen ausspreche.
Streit mit Schäuble
Guttenberg sagte zu den Einsparungen, zwar dürfe sich ein Umbau der Streitkräfte nicht allein aus finanzpolitischen Erwägungen heraus rechtfertigen, sondern müsse auch sicherheitspolitisch begründet sein. Allerdings gebe es Spielraum für Einsparungen, ohne die Einsatzfähigkeit der Armee zu beeinträchtigen. Ob er mit seinem Konzept den von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble einkalkulierten Sparbeitrag für den Haushalt von 8,3 Milliarden Euro erreichen wird, ließ er offen. "Die 8,3 Milliarden sind eine Vorgabe, die finanzpolitisch steht, und ich werde meine Vorschläge machen. Die gilt es dann, politisch zu diskutieren", sagte Guttenberg.
Der "Spiegel" berichtet, der im Verteidigungsministerium favorisierte Umbau der Bundeswehr in Richtung einer Freiwilligenarmee werde den Bundeshaushalt kaum entlasten. Das Vorhaben werde bis zum Jahr 2014 nur 1,5 Milliarden Euro im Verteidigungsetat einsparen. Guttenberg sagte dazu, er habe nie behauptet, den gesamten geforderten Sparbeitrag nur durch die Verkleinerung der Bundeswehr erreichen zu wollen. "Allein mit der Frage der Aussetzung der Wehrpflicht oder Schaffung eines neuen Modells werden sie dem Sparziel nicht gerecht werden können. Vielmehr geht es darum, dass man insgesamt mit einer Neustrukturierung der Bundeswehr den Zielen des Bundesfinanzministers nahekommt."
Zukunft des Zivildienstes
Sollte es zur Aussetzung der Wehrpflicht kommen, erwägt Familienministerin Kristina Schröder die Schaffung eines freiwilligen Zivildienstes. Dieses Angebot könne sich an Männer und Frauen richten, sagte die CDU-Politikerin der "Bild am Sonntag". Der neue Dienst müsse noch deutlich attraktiver werden als bisherige Modelle. "Dabei geht es weniger um Geld als um Benefits - also zum Beispiel um eine Anrechnung dieser Zeit fürs Studium. Und die jungen Männer und Frauen sollen ihre Dienstzeit selbst bestimmen können."
Schröder sieht sich vor einer "Mammutaufgabe", falls die Wehrpflicht - wie erwartet - ausgesetzt wird. Weil beide Dienste aneinander gekoppelt sind, würde der Zivildienst mit der Aussetzung der Wehrpflicht ebenfalls wegfallen. Schröder kündigte an, nötigenfalls bis Jahresende ein Konzept zu entwickeln, wie der Wegfall der derzeit 90.000 Zivildienstleistenden aufgefangen werden kann.
Quelle: ntv.de, tis/rts/dpa