Raketenangriff bei Kundus Merkels Überraschungsbesuch
06.04.2009, 17:00 UhrEin möglicher Raketenangriff der Taliban auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Blitzbesuch in Afghanistan für große Aufregung gesorgt. Die Bundeswehr wies im Standort Masar-i-Scharif Behauptungen eines Taliban-Sprechers zurück, Merkel sei bei ihrem Überraschungsbesuch Ziel eines Raketen-Angriffs gewesen. "Das ist vollständiger Blödsinn", hieß in dem nordafghanischen Bundeswehrstandort.
Kurz zuvor hatte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid der Deutschen Presse-Agentur dpa gesagt, Ziel eines Raketenangriffs sei "das Flugzeug mit Merkel an Bord" bei der Landung im Feldlager in Kundus gewesen. Nach Angaben der Bundesregierung waren zwei Raketen erst nach dem Abflug Merkels außerhalb des Lagers eingeschlagen, ohne Schaden an Menschen und Material anzurichten. Aussagen der Taliban-Sprecher sind oftmals unzuverlässig und widersprüchlich. Merkel war mit dem Regierungs-Airbus zunächst in Termez (Usbekistan) gelandet und von dort mit einem Hubschrauber nach Kundus geflogen.
Der Taliban-Sprecher sagte der dpa, nach dem Einschlag der Raketen habe es "Lärm und Chaos" am Flughafen gegeben, der neben dem Lager liegt. "Ich bin sicher, es hat Opfer gegeben, aber ich habe noch keine Zahlen." Die Kanzlerin, die sich mit Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in Afghanistan aufhält, hatte das Lager Kundus nach Angaben von Vize-Regierungssprecher Thomas Steg etwa 20 Minuten vor dem Angriff verlassen.
Merkel: Bundeswehr-Einsatz weiter nötig
Merkel hält weiterhin einen umfangreichen Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan für notwendig. Zum Abschluss des ersten Besuchstages sagte sie im Bundeswehr-Hauptquartier in Masar-i-Scharif, dass der Norden des Landes auch in den nächsten Jahren die Präsenz der Bundeswehr brauche. Die Afghanen seien auch im Norden noch nicht in der Lage, für ihre eigene Sicherheit zu sorgen. Die Kanzlerin hatte sich zunächst in Kundus über die Arbeit der dort stationierten 700 deutschen Soldaten informiert.
Die Reise - Merkels zweiter Besuch in Afghanistan nach 2007 - sorgte auch für Irritationen zwischen Kanzleramt und dem Außenministerium von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Sein Sprecher sagte, das Auswärtige Amt habe am Sonntag "mehr oder weniger durch Zufall" von dem Besuch erfahren. Daraufhin entgegnete Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, Steinmeier sei von Merkel persönlich vorab informiert worden. "Es gab ein Gespräch unter vier Augen." Nach Angaben des Auswärtigen Amtes geschah dies aber erst, nachdem Steinmeier sie auf die Reise angesprochen hatte.
Merkel würdigte die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und den Nichtregierungsorganisationen, die sich in der Region Kundus im Norden Afghanistans um den Wiederaufbau des Landes bemühten. Sie besuchte auch den Ehrenhain, der an acht gefallene deutsche Soldaten erinnert. In der Provinzhauptstadt Masar-i-Scharif besichtigte Merkel ein Hospital, das mit deutscher Hilfe derzeit aufgebaut wird.
Kein Treffen mit Karsai
Anders als bei ihrem ersten Aufenthalt wird die Kanzlerin diesmal nicht den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in Kabul treffen. Die Kanzlerin hatte in den vergangenen Tagen mit dem Staatsoberhaupt telefoniert. Karsai ist im Westen umstritten. Ihm wird vorgeworfen, nicht genug gegen die Korruption zu unternehmen.
Merkel war unmittelbar nach Verabschiedung der neuen Afghanistan-Strategie der NATO zu einem bis zur letzten Minute aus Sicherheitsgründen geheim gehaltenen Besuch in Afghanistan eingetroffen. Deutschland wird die Zahl seiner Soldaten in dem Land in den nächsten Monaten von jetzt 3800 auf 4400 erhöhen.
Quelle: ntv.de