Verdienstgrenze steigt Minijob wird 450-Euro-Job
19.09.2012, 17:40 Uhr
Minijobber dürfen 50 Euro mehr verdienen.
Etwa 7 Millionen Bundesbürger arbeiten in sozialversicherungsfreien Mini-Jobs: Maximal dürfen sie damit bald 450 Euro im Monat verdienen, und zwar brutto für netto. Für die öffentliche Hand wird die Anhebung teuer, die Kritik an den Minijobs reißt indes nicht ab.
Die Minijob-Grenze soll von 400 auf 450 Euro angehoben werden. Dies sieht eine "Formulierungshilfe" für einen Gesetzentwurf vor, die das Bundeskabinett billigte. Die Erhöhung ist ein besonderes Anliegen der FDP, zudem im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vereinbart.
Begründet wird das Vorhaben damit, dass die Höchstgrenzen für geringfügig entlohnte Beschäftigung seit 2003 nicht mehr erhöht wurden, heißt es in dem der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Formulierungs-Entwurf an die Koalitionsfraktionen. Flankiert werden soll die Anhebung durch eine Versicherungspflicht für die Gesetzliche Rentenversicherung. Davon können sich die Betroffenen auf Antrag aber befreien lassen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte das Vorhaben von Union und FDP scharf. Minijobs seien "ein Katalysator des Niedriglohnsektors", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Beschäftigte im Minijob bekämen im Schnitt einen Stundenlohn von unter acht Euro. "Eine Erhöhung der Minijobmauer führt einzig und allein dazu, dass künftig noch mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Niedriglöhnen arbeiten."
Es habe sich erwiesen, dass Minijobs kein Sprungbrett in gute Arbeit seien, sondern in eine arbeitsmarktpolitische Sackgasse führten, "die vor allem für Frauen in Altersarmut endet". Die Erwartung, dass die Anhebung der Minijob-Grenze das Einkommen der Minijobber erhöht, nannte Buntenbach "geradezu lächerlich". Im Schnitt erhielten Minijobber nicht 400 Euro, sondern nur 260 Euro. "Dies wird sich auch durch eine Erhöhung der Minijobmauer nicht ändern."
Keine Steuereinnahmen
Durch die geplante Anhebung der Einkommensgrenzen entgehen der öffentlichen Hand etwa 300 Millionen Euro an Sozialabgaben und Steuern. Dies geht aus dem Reuters vorliegenden Gesetzentwurf hervor, den das Bundesarbeitsministerium für die Koalitionsfraktionen von Union und FDP ausgearbeitet hat.
Für Minijobs gelten besondere Vergünstigungen: Arbeitnehmer bezahlen dafür keine Sozialabgaben. Stattdessen entrichten Arbeitgeber pauschal 30 Prozent für Kranken- und Rentenversicherung sowie Steuern. Nach letzten Zahlen für Dezember 2011 gibt es 7,5 Millionen geringfügig entlohnte Beschäftigte, wie die Minijobs in der Statistik heißen. Das waren 120.000 mehr als ein Jahr zuvor und rund zwei Millionen mehr als nach der rot-grünen Minijob-Reform 2003. Die Zahl der ausschließlich in einem Minijob-Beschäftigten ist dabei mit rund 4,9 Millionen relativ stabil geblieben. Beständig gestiegen ist die Zahl der Nebenjobs, die Arbeitnehmer steuerfrei neben dem Hauptberuf ausüben. Sie erreichte im Dezember 2,6 Millionen.
Mit der Reform zum Jahreswechsel 2013 ist auch eine Änderung im Rentenrecht verbunden: Minijobber müssen es dann ausdrücklich ablehnen, wenn sie den Rentenbeitrag der Arbeitgeber von 15 Prozent nicht auf den vollen Beitragssatz aufstocken wollen. Beim derzeitigen Beitragssatz wären das 4,6 Prozentpunkte aus eigener Tasche, ab 2013 voraussichtlich 4,0.
Quelle: ntv.de, dpa/rts