Kampftruppe für Afghanistan Minister Jung mit Neuigkeiten
05.02.2008, 07:46 UhrVerteidigungsminister Franz Josef Jung wird voraussichtlich kurz vor dem NATO-Treffen in Litauen der Bitte des Bündnisses um eine deutsche Kampftruppe für Afghanistan entsprechen. Der CDU-Politiker will am Mittwoch erstmals seit seinem Amtsantritt Ende 2005 vor die Bundespressekonferenz treten. Sein Sprecher Thomas Raabe sagte in Berlin, zu einem solchen Termin komme ein Politiker "möglichst mit einer Neuigkeit".
In der Bundeswehr galt es angesichts des Ringens der NATO und des Drängesn der USA um mehr Soldaten für den umkämpften Süden Afghanistans und der klaren Absage dazu aus Berlin als ausgeschlossen, dass die Bundesregierung auch die Forderung nach einer deutschen schnellen Eingreiftruppe (QRF) im Norden zurückweist.
Norwegen wird entlastet
Die 1. Panzerdivision in Hannover ist nach eigenen Angaben bereits auf den Einsatz vorbereitet. Norwegen stellt die etwa 250 Mann starke Einheit seit 2006 und will in diesem Sommer davon entlastet werden. Deutschland ist mit 3500 Soldaten drittgrößter Truppensteller in Afghanistan. US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte alle Bündnispartner zu mehr militärischem Einsatz ermahnt und von Deutschland die Änderung des Bundestagsmandats für die Bundeswehr erbeten, damit diese auch Kampftruppen im Süden einsetzen könne. Der ISAF fehlen nach eigenen Angaben 7000 Soldaten für Kampfeinsätze.
Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, Deutschland habe früh in Absprache mit allen Verbündeten in der Afghanistan-Schutztruppe ISAF Verantwortung für den Norden übernommen. Die Lage dort sei nicht so stabil, dass die deutschen Kräfte "zersplittert" werden könnten. Auch wenn beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister am Donnerstag und Freitag in Vilnius und am Wochenende bei der Sicherheitskonferenz in München kontrovers diskutiert werde, habe die Bundesregierung nicht vor, das Bundeswehrmandat zu verändern. "Auch in Washington ist bekannt, was wir bereit sind zu leisten und wo unsere Grenzen sind."
Nothilfe für Afghanistan erhöht
Unterdessen erhöht Deutschland wegen anhaltend heftiger Schneefälle und extremer Kälte seine Nothilfe für Afghanistan. Das Auswärtige Amt (AA) stockte die Mittel um eine halbe Million auf 1,5 Millionen Euro auf. Wie eine Sprecherin mitteilte, sollen mit den zusätzlichen Geldern besonders schutzbedürftige Menschen mit warmer Kleidung, Heizmaterial und Nahrungsmitteln versorgt werden. Afghanistan wird derzeit vom härtesten Winter seit mehr als zehn Jahren heimgesucht. In mehreren Provinzen gibt es weiter schwere Versorgungsengpässe. Seit 2001 hat das AA damit rund 68,5 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und für die Minenräumung in dem Land zur Verfügung gestellt.
Für die USA wird es einer Studie zufolge immer schwerer, Partner für Kampfeinsätze wie in Afghanistan und dem Irak zu finden. Selbst wenn die USA wieder mehr Wert auf den zivilen Aufbau legten, sei es "extrem schwierig" Verbündete zu finden, heißt es in der Studie zum Militärischen Gleichgewicht 2008, die das Institut für Strategische Studien (IISS) in London vorlegte.
Naumann fordert Ausweitung des Einsatzes
Im Streit um eine Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan hat der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr und Ex-Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Klaus Naumann, erneut die Entsendung von deutschen Truppen in den Süden des Landes gefordert. "Lasten, Risiken und Verantwortung werden solidarisch und gemeinsam getragen, Sonderrollen gibt es nicht", sagte Naumann der "Bild"-Zeitung. "Scheitert die NATO im Süden, dann ist die relative Ruhe im Norden beim Teufel!", fügte er hinzu. Der ehemalige Vier-Sterne-General fürchtet, dass der Einfluss Deutschlands im Bündnis "gegen Null" tendieren werde, wenn sich das Land weiterhin den Aufgaben im Süden entziehe.
Klaus Naumann bemängelte, dass die Politik nicht ausreichend klargemacht habe, dass die Bundeswehr in Afghanistan zu Not auch kämpfen müsse. "Es wird verniedlichend von humanitärem Einsatz gesprochen. Das Wesen von Streitkräften ist die Anwendung von Gewalt zum Schutz der Bürger und zur Durchsetzung der von Parlament und Regierung gesetzten politischen Ziele", sagte Naumann.
Scheitern der NATO-Mission möglich
Der Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz, Horst Teltschik, hält indes ein Scheitern des NATO-Einsatzes in Afghanistan für möglich. "Die Befürchtung ist leider berechtigt", sagte der frühere Politiker und Industriemanager der "Neuen Presse". Die Partner müssten sich fragen, ob sie sich nicht auf ein Abenteuer eingelassen haben, das am Ende das Bündnis in seinen Grundfesten erschüttert. Wenn sie den Einsatz fortsetzen wollten, müssten dafür auch die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. "Es ist völlig klar, dass das internationale Engagement nicht ausreichend ist - also auch das deutsche nicht", sagte der 67-Jährige der Zeitung. Daher solle auch ein deutscher Einsatz im Süden des Landes erwogen werden.
Quelle: ntv.de