Streit um Stammzellen Mittelgruppe legt Antrag vor
24.01.2008, 15:23 UhrBei der umstrittenen Lockerung des strengen Stammzellgesetzes strebt eine große Abgeordnetengruppe im Bundestag einen Kompromiss an. Die Gruppe um den SPD-Experten Ren Röspel und die CSU-Politikerin Ilse Aigner, der sich bislang 172 der 613 Abgeordneten angeschlossen haben, schlug eine einmalige Verschiebung des Stichtags um mehr als fünf Jahre auf den 1. Mai 2007 vor.
Dies käme deutschen Spitzenforschern entgegen, die frische Zelllinien importieren könnten. Das geltende Recht erlaubt nur die Einfuhr von Stammzellen, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. Der Bundestag will am 14. Februar in einer ersten großen Debatte über Chancen und Risiken einer Lockerung diskutieren.
Der SPD-Politiker Jörg Tauss sagte, er sei optimistisch, dass sich in den Koalitionsfraktionen SPD und Union eine Mehrheit für den Kompromiss entscheide. Eine andere Gruppe von mehr als 100 Abgeordneten lehnt wie die katholische Kirche eine Stichtagsverschiebung strikt ab. Sie betonen, das geltende Recht habe sich bewährt. Andere Parlamentarier fordern, die Regelung ganz abzuschaffen.
Der Fraktionszwang ist aufgehoben
Nach Ansicht der Röspel/Aigner-Gruppe würde ein neuer Stichtag den im Jahr 2002 im Parlament gefundenen ethischen Konsens nicht verletzen. Es gehe um eine "Fortschreibung des Kompromisses", sagte Aigner. Dies sieht auch Röspel so: "Wir brauchen keine neue ethische Grundsatzdebatte. Die Kriterien bleiben erfüllt, dass für die deutsche Forschung keine Embryonen zerstört werden." Bei dem Thema ist der Fraktionszwang im Parlament aufgehoben. Die Politiker müssen also nicht ihrer Partei folgen, sondern können frei nach ihrem Gewissen entscheiden.
500 neue Zelllinien
Tauss sagte, mit dem neuen Stichtag würden Forschern nicht mehr nur 20 alte, sondern rund 500 frische Zelllinien zur Verfügung stehen. Für eine Lockerung treten unter anderem die SPD-Spitze, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Forschungsministerin Annette Schavan (beide CDU) und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ein.
Von der Forschung an embryonalen Stammzellen erhoffen sich Wissenschaftler Fortschritte bei der Bekämpfung von Leiden, die durch beschädigte Zellen verursacht werden. Die embryonalen Zellen stammen meist aus künstlichen Befruchtungen. Die Arbeit mit adulten Zellen, die unter anderem aus der Nabelschnur gewonnen werden, sowie die Reprogrammierung von Hautzellen gelten dagegen als ethisch unbedenklich.
Quelle: ntv.de