Politik

Schon vor Amtsantritt in Bolivien Morales nennt Bush Terroristen

Der künftige Präsident Boliviens, Evo Morales, hat US-Präsident George W. Bush als Terroristen bezeichnet. Dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira sagte Morales am Dienstag: "Der einzige Terrorist der Welt, den ich kenne, ist Bush. Seine Militärinterventionen wie die im Irak - das ist Staatsterrorismus."

Es gebe einen Unterschied, ob Menschen für eine Sache kämpften oder als Terroristen agierten, sagte Morales. "Heute in Bolivien und Lateinamerika erheben die Menschen nicht mehr ihre Waffen gegen den Imperialismus, aber der Imperialismus erhebt seine Waffen gegen die Menschen, und zwar mit Militärinterventionen und Militärstützpunkten." Im Wahlkampf hatte sich Morales als Albtraum für die USA bezeichnet.

Unmittelbar nach seinem Sieg bei der Präsidentenwahl in Bolivien kündigte der Sozialist erste Schritte zur Verstaatlichung der Gasvorkommen des Landes an. Bolivien verfügt über Südamerikas zweitgrößte Gasvorkommen, 90 Prozent davon gehen in den Export.

Mit Morales steht erstmals in der Geschichte des Landes ein Indio vor der Übernahme der Präsidentschaft Boliviens. Auf den 46-jährigen Führer der Koka-Bauern entfielen nach Angaben der zentralen Wahlkommission vom Montag 48,3 Prozent der Stimmen. Seine beiden schärfsten Rivalen, der Mitterechts-Politiker Jorge Quiroga und der Zement-Millionär Samuel Doria Medina, kamen auf 34,7 Prozent sowie 9,2 Prozent. Diese vorläufigen Hochrechnungen beruhten auf der Auszählung von 33,1 Prozent der Stimmen. Beide hatten bereits zuvor ihre Niederlage eingestanden und Morales zum Wahlsieg gratuliert.

Prognosen mehrerer privater Meinungsforschungsinstitute auf Grund von Nachwahlbefragungen und Parallelzählungen von Stimmzetteln sahen Morales sogar bei 51,3 Prozent. Damit hätte er mit seiner Bewegung zum Sozialismus (MAS) die notwendige absolute Mehrheit erreicht und könnte ohne eine Stichwahl im Parlament als erster Indio in der Geschichte des verarmten Landes am 22. Januar das Präsidentenamt übernehmen. Das offizielle Endergebnis der Wahl wird erst in einigen Tagen feststehen.

Hunderttausende Bolivianer feiern

"Wir haben gewonnen. Bolivien steht vor dem Beginn einer neuen Geschichte der Gleichheit, Gerechtigkeit und des sozialen Friedens", sagte der sichtlich bewegte Morales vor Anhängern in seiner Hochburg Cochabamba. Im ganzen Land feierten hunderttausende Anhänger von Morales den Sieg ihres Kandidaten. Vor allem die mehr als 60 Prozent der neun Millionen Bolivianer, die in Armut leben, setzen in Morales enorme Hoffnungen auf eine schnelle Verbesserung ihrer Lage. Der Wahlsieger versprach die baldige Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung, in der alle gesellschaftlichen Kräfte sich auf einen neuen Gesellschaftsvertrag einigen sollen.

Morales steht für eine starke Rolle des Staates in der Wirtschaft und eine nur kontrollierte Öffnung zu den Weltmärkten. Probleme mit den USA könnte ihm vor allem sein Versprechen einhandeln, den Koka-Anbau zu legalisieren. Die Koka-Blätter werden traditionell von den Indios als kraftspendende leichte Droge gekaut, können aber auch zu Kokain weiterverarbeitet werden.

Ex-Präsident bietet Hilfe an

Der ehemalige Präsident Quiroga (45) bot Morales Zusammenarbeit an. Dies sei ein Augenblick, um die Differenzen der Vergangenheit hinter sich zu lassen und den Blick auf eine ruhige, friedliche und harmonische Zukunft zu richten, betonte Quiroga.

Sollte Morales die absolute Mehrheit von 50 Prozent plus mindestens einer weiteren Stimme wider Erwarten doch noch verfehlen, müsste er in einer Stichwahl im Parlament gegen den zweitplatzierten Quiroga antreten. Angesichts des absehbar großen Vorsprungs des Führers der Koka-Bauern galt es aber als wahrscheinlich, dass auch die Parlamentarier Morales im Januar zum Präsidenten wählen würden.

Quelle: ntv.de

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