Geiselnahmen im Jemen Mord an Deutschen bestätigt
16.06.2009, 15:01 Uhr
Soldaten auf Patrouille in der Provinz Saada.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Bundesaußenminister Steinmeier bestätigt den gewaltsamen Tod zweier deutscher Frauen im Jemen. Über das Schicksal der fünf weiteren im Jemen entführten Deutschen lägen noch keine gesicherten Informationen vor, so Steinmeier.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat den Tod von zwei im Jemen vermissten deutschen Frauen bestätigt. "Wir müssen heute leider davon ausgehen, dass sich unter den Opfern zwei vermisste deutsche Frauen befinden", sagte Steinmeier in Berlin. Die Umstände des Todes seien noch unklar.
Man müsse davon ausgehen, dass sich die weiteren fünf deutschen Vermissten - eine fünfköpfige Familie - "in den Händen von skrupellosen Gewalttätern befinden". In Kürze soll ein deutsches Expertenteam in den Jemen geschickt werden, um die Identität der Toten endgültig zu klären. Die sterblichen Überreste der drei Frauen wurden am Dienstag per Hubschrauber in die Hauptstadt Sanaa gebracht.
Die Leichen der beiden Frauen aus Deutschland und einer Koreanerin waren am Montag von Hirten in einem Tal in der Provinz Saada gefunden worden. Die deutschen Krankenschwestern und die koreanische Lehrerin waren am Freitag während eines Ausfluges mit der deutschen Familie und einem 45 Jahre alten britischen Ingenieur nördlich von Sanaa entführt worden. Die Ausländer hatten alle im Dschumhuri- Krankenhaus in Saada gearbeitet.
Tote stammen offenbar aus Gifhorn
Die beiden getöteten Frauen sollen aus dem niedersächsischen Landkreis Gifhorn stammen und Mitglieder der Wolfsburger Immanuelgemeinde gewesen sein. Nach Medienberichten arbeiteten sie als Pflegehelferinnen in einem Krankenhaus im Jemen. Die Bibelschule Brake in Lemgo in Nordrhein-Westfalen teilte auf ihrer Homepage mit, dass die Frauen "Studierende im dritten Jahrgang" ihrer Ausbildungsstätte waren. Mit "tiefer Bestürzung" habe die Schule "die Nachricht vom Tod unserer Studierenden" aufgenommen.
Beide hätten sich im Rahmen ihres sozial-diakonischen Engagements für ein Praktikum im Jemen entschieden. Dort seien sie Kurzzeitmitarbeiter der Organisation Worldwide Services im Krankenhaus von Saada gewesen. Nach einem Bericht der "Wolfsburger Allgemeinen Zeitung" gehörten die 24 und 26 Jahre alten Frauen zur Immanuelgemeinde im Wolfsburger Stadtteil Westhagen.
Berichte von Provinzbeamten in Saada, wonach zwei kleine Mädchen lebend gefunden wurden, bestätigte das Innenministerium in Sanaa nicht. Die Sicherheitskräfte hätten in der Nacht vergeblich mit Hubschraubern nach den entführten Ausländern gesucht, hieß es.
Zu der Entführung und der Ermordung der Frauen hat sich bislang niemand bekannt. Beobachter in Saada halten es für möglich, dass islamistische Extremisten der Al-Kaida die Ausländerinnen umgebracht haben.
Hinweis auf Drogenschmuggler
In Medienberichten war zudem von einem Machtkampf zwischen einem lokalen Drogenschmuggler und den Sicherheitskräften die Rede. Nach dieser Version sollen die Ausländer angeblich von einem Drogenboss als Faustpfand entführt worden sein, um die Behörden zur Herausgabe einer in der vergangenen Woche beschlagnahmten Drogenlieferung zu zwingen. Die Regierung sei darauf nicht eingegangen, weshalb die Entführer zunächst die Frauen ermordet hätten.
Unklar ist bislang auch, ob eine Verbindung zwischen dieser Geiselnahme und der Entführung einer Gruppe von Ärzten und Krankenschwestern aus einem anderen Krankenhaus in Saada besteht. Die 14 Ärzte und Pfleger aus Indien, Ägypten, dem Sudan und den Philippinen waren am Donnerstag vergangener Woche zusammen mit acht Familienangehörigen von bewaffneten Stammesangehörigen nördlich von Sanaa entführt worden. Einen Tag später kamen sie frei.
Spur in Richtung Al-Kaida?
Entführungen von Ausländern durch Stammesangehörige im Jemen sind nicht selten und gehen in der Regel unblutig aus. Meist missbrauchen die Entführer die Ausländer, um die Regierung zu erpressen. In dem südarabischen Land gibt es aber auch Al-Kaida-Terrorzellen, die schon mehrfach Ausländer getötet haben.
Der letzte Selbstmordanschlag auf Touristen liegt nur drei Monate zurück. In der mehrheitlich von Schiiten bewohnten Provinz Saada gab es allerdings bislang keine bekannte Präsenz der sunnitischen Terrorgruppe. Der Ort, an dem laut Sicherheitskräften die Leichen der Frauen gefunden wurden, liegt allerdings nicht weit von der Jawf-Region entfernt, in der bereits Al-Kaida-Terroristen untergetaucht sind.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts