Nato-Angriffe auf afghanisches Dorf Mord an Niedringhaus war Rachetat
06.04.2014, 08:56 Uhr
Trauer um Anja Niedringhaus in Paris.
(Foto: AP)
Anja Niedringhaus war seit über 20 Jahren in Krisengebieten als Fotografin im Einsatz. Sie kannte auch die Risiken ihrer Arbeit. Doch warum tötete der Polizist die 48-Jährige?
Der Mörder der deutschen Fotografin Anja Niedringhaus hat als Motiv Rache für Nato-Luftangriffe auf sein Dorf in Afghanistan angegeben. Das habe der Polizist in einem Verhör ausgesagt, erklärte ein Sprecher der Polizei in der afghanischen Unruheprovinz Chost. Der scheidende Präsident Hamid Karsai hatte eine Untersuchung der Gewalttat angeordnet, nachdem zuvor schon der schwedisch-britische Reporter Nils Horner sowie der AFP-Journalist Sardar Ahmad während der Wahlkampagne in Afghanistan getötet worden waren.
Die 48-jährige Niedringhaus war am Freitag von dem Kommandeur eines Polizei-Kontrollpunkts erschossen worden, eine kanadische Kollegin der amerikanischen Nachrichtenagentur AP wurde schwer verletzt.
Niedringhaus und Kathy Gannon waren zusammen in Chost, um von dort über die Wahlzettelverteilung vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am Samstag zu berichten. Der Polizist hatte mit den Worten "Allahu Akbar" (Gott ist groß) das Feuer auf sie eröffnete. Niedringhaus sei sofort tot gewesen, die 60-jährige Gannon sei von zwei Kugeln verwundet und später medizinisch versorgt worden. Der Täter habe sich anschließend seinen Polizeikollegen gestellt und sei festgenommen worden. Die afghanischen Behörden bestätigten die Zugehörigkeit des Angreifers zur Polizei und dessen Festnahme. Im Vorfeld der Volksabstimmung hatten die radikalislamischen Taliban ihre Angriffe im Land verstärkt, um die Wahl eines Nachfolgers für Staatschef Karsai zu stören.
Leichnam überführt
Der Leichnam von Niedringshaus wurde am Samstag nach Deutschland überführt. Die Fotografin war für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem renommierten Pulitzer-Preis für ihre Berichterstattung im Irak.
Niedringhaus hatte bereits während ihres Studiums als Pressefotografin gearbeitet. Während der 1990er Jahre berichtete sie viel über die Kriege in Bosnien, Kroatien und dem Kosovo. Damals, wie auch später, stellte sie das Leiden der Menschen in den Mittelpunkt. Seit 2002 war sie für AP tätig, die sie in den Nahen Osten, den Irak, Pakistan und Afghanistan entsandten. Im Jahr 2005 gewann sie mit anderen AP-Fotografen den Pulitzer-Preis für ihre Berichterstattung aus dem Irak.
Neben der Kriegs- und Krisenberichterstattung widmete sie sich Sportgroßereignissen und fotografierte unter anderem bei Olympischen Spielen. Laut AP wurde sie wiederholt im Einsatz verletzt. So brach sie sich bei einem Hinterhalt auf dem Balkan das Bein, im Irak erlitt sie Verbrennungen und in Afghanistan wurde sie durch Granatsplitter verletzt. Bei einer Ausstellung in Berlin sagte sie 2011 einmal, manchmal fühle sie sich schlecht, weil sie Konflikte verlassen und zu ihrer Familie zurückkehren könne, wo kein Krieg herrsche.
Quelle: ntv.de, sba/dpa