Für alle "Unterstützer der Revolution" Mursi erlässt Amnestie
08.10.2012, 23:08 Uhr
Bei seiner Wahl versprach der ägyptische Präsident Mursi, innerhalb von drei Monaten die dringendsten Probleme seines Landes zu lösen. Die Bilanz nach 100 Tagen im Amt ist ernüchternd.
(Foto: REUTERS)
Alle Ägypter, die seit dem Ausbruch der Proteste gegen den früheren Machthaber Husni Mubarak inhaftiert wurden, kommen frei. Die Generalamnestie gilt für alle politischen Gefangenen. Nur wegen Totschlagsdelikten Verhaftete müssen weiterhin hinter Gitter bleiben.
Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat nach einhundert Tagen im Amt eine Generalamnestie für die Unterstützer der "Revolution" erlassen. Die Amnestie gilt für alle Häftlinge, die wegen Taten zwischen dem 25. Januar 2011 und dem 30. Juni 2012, dem Amtsantritt des Präsidenten, festgenommen wurden - und deren Taten "der Unterstützung der Revolution" dienten, wie es in einem offiziellen Dekret heißt. Ausgenommen sind nur Häftlinge, die wegen Totschlags einsitzen.
Hunderttausende Ägypter beteiligten sich im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings an den Demonstrationen, die auch den Sturz des langjährigen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak zur Folge hatten. Die Amnestie gilt gleichermaßen für Verurteilte, Untersuchungshäftlinge und solche Verdächtige, die noch mit Nachstellungen der Justiz rechnen mussten. Mursi ging aus der Präsidentschaftswahl im Frühjahr als Sieger hervor.
Schlechte Noten für Mursi
Für seine ersten 100 Tage im Amt bekommt Mursi eher schlechte Noten. In einem von Aktivisten ins Internet gestellten "Mursi-Meter" gaben 58 Prozent der Nutzer an, zum Ende der Schonfrist unzufrieden mit der Arbeit des Islamisten zu sein. 42 Prozent äußerten sich aber auch zufrieden. Das Staatsoberhaupt selbst räumte ein, nicht alle selbstgesteckten Ziele erreicht zu haben.
Nach seiner Wahl im Juni hatte Mursi, dessen politische Heimat die Muslimbruderschaft ist, 64 Vorhaben genannt, die er in den ersten 100 Tagen umsetzen wollte. Die Aufgabenliste liest sich in Teilen eher wie die eines Kleinstadtbürgermeisters - und nicht wie die des Präsidenten eines Riesenlandes im Umbruch. So geht es etwa um Parkplätze für Minibusse, ein besseres Ampelsystem oder die Straßenreinigung.
Zugleich werden aber auch Themen angesprochen, die das Land emotionalisieren, wie die Reform des verhassten Polizeiapparates und die Sicherung der Brot-, Benzin- und Gasversorgung. Das "Mursi-Meter" bilanzierte, Tag 99, allerdings, dass das neue Staatsoberhaupt nur fünf seiner genannten Ziele erreicht habe.
Bei einer Rede zum Jahrestag des Jom-Kippur-Kriegs, bei dem ägyptische und syrische Streitkräfte Israel angriffen, räumte Mursi vor Tausenden Anhängern ein, noch nicht alles umgesetzt zu haben - aber immerhin 70 Prozent. Das reiche nicht aus, und er werde weiterarbeiten, bis alle Aufgaben erfüllt seien, versprach er.
Quelle: ntv.de, dsi/AFP/dpa