Politik

Iran lässt Interview frei erfinden Mursi setzt auf Kontinuität

Mohammed Mursi bekennt sich zur Einhaltung aller internationalen Verträge.

Mohammed Mursi bekennt sich zur Einhaltung aller internationalen Verträge.

(Foto: dpa)

Ein Interview des neuen ägyptischen Präsidenten Mursi sorgt für einiges Aufsehen. Darin sagt er, er wolle einen außenpolitischen Neuanfang mit dem Iran versuchen und den Friedensvertrag mit Israel revidieren. Quelle ist die staatliche Nachrichtenagentur Fars. Mursi stellt nun klar: Die Teheraner Journalisten haben mit ihm nie gesprochen.

Der gewählte ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat ein Interview, das er der iranischen Nachrichtenagentur Fars gegeben haben soll, dementieren lassen. "Der Präsident hat dieser Agentur kein Interview gegeben, und das, was darin veröffentlicht wurde, entbehrt jeder Grundlage", sagte ein Sprecher Mursis der staatlichen ägyptischen Nachrichtenagentur MENA. In dem angeblichen Interview mit Fars soll der islamistische Politiker gesagt haben, dass Ägypten eine Annäherung an den Iran suche und den Friedensvertrag mit Israel "revidieren" wolle. Offiziell hieß es zuvor von Mursi, er wolle alle internationalen Verträge achten - also auch das Abkommen von Camp David".

Das Interview mit der regimenahen iranischen Agentur war nach deren Angaben noch vor der Verkündung des Wahlergebnisses geführt worden. Die Ausweitung der beiderseitigen Beziehungen werde "ein wirksames strategisches Gleichgewicht in der Region" herstellen, soll er darin gesagt haben. Auch der Friedensvertrag mit Israel müsse "revidiert" werden. Mursi soll sich auch für das Rückkehrrecht der Palästinenser ausgesprochen haben, die in den Nahostkriegen fliehen mussten oder vertrieben wurden.

Israel fürchtet eine Verschlechterung des Verhältnisses zu Ägypten. Engere Beziehungen zwischen Kairo und Teheran wären für Israel eine strategische Katastrophe. Unter Mubarak war das Verhältnis der Führung in Kairo zum Iran eher frostig. Das Ajatollah-Regime hatte die diplomatischen Beziehungen 1979 wegen des Camp-David-Vertrags abgebrochen. Seit 15 Jahren strebt Teheran eine Aufwertung der Beziehungen an, stieß jedoch bei Mubarak auf taube Ohren.

In seiner ersten Ansprache am späten Sonntagabend als gewählter Präsident hatte Mursi erklärt: "Wir werden uns um sehr ausgewogene Beziehungen zu allen internationalen Faktoren bemühen." Bestehende Verträge, darunter den Friedensvertrag mit Israel, werde Ägypten aber einhalten.

Schafik akzeptiert Ergebnis

Mursi rief zudem seine Landsleute zur nationalen Einheit auf. Er wolle Präsident "aller Ägypter" sein, sagte der erste Islamist an der Spitze des Staates nach der Bekanntgabe seines Wahlsiegs und begann mit der Bildung einer Regierung. Zur Bekräftigung seiner Worte trat Mursi aus der Muslimbruderschaft und der daraus hervorgegangenen Partei für Freiheit und Gerechtigkeit aus.

Die nationale Einheit Ägyptens sei der einzige Ausweg aus "diesen schwierigen Zeiten", sagte Mursi. Der 60-Jährige würdigte die Aufständischen, deren Revolte den langjährigen Machthaber Husni Mubarak im vergangenen Jahr aus dem Amt getrieben hatte.

Mursi ist der erste frei gewählte Präsident Ägyptens. Die Wahlkommission hatte ihn zum Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt erklärt. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo feierten Hunderttausende den Sieg. Auch die ägyptische Presse begrüßte Mursis Wahl. Herausforderer und Ex-Regierungschef Ahmed Schafik gratulierte Mursi und wünschte ihm Erfolg.

Militärrat gibt sich zahm

Auch der Chef des Obersten Militärrats, Hussein Tantawi, gratulierte Mursi laut Staatsfernsehen. Der in Ägypten herrschende Militärrat hatte zuletzt seine Machtbefugnisse erweitert und das von den Muslimbrüdern dominierte Parlament nach einem Verfassungsgerichtsurteil aufgelöst. Es sicherte aber zu, noch im Juni die Macht abzugeben.

Auch die koptische Kirche in Ägypten beglückwünschte Mursi. Die Kopten machen bis zu zehn Prozent der 80 Millionen Einwohner Ägyptens aus. Sie fühlen sich oft diskriminiert und sind immer wieder Ziel von Gewalt.

US-Präsident Barack Obama sagte Mursi die Unterstützung der USA beim Übergang Ägyptens zur Demokratie zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte wie mehrere EU-Außenminister die Fortsetzung demokratischer Reformen.

Westen hofft auf demokratischen Übergang

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, die Wahl Mursis sei "eine wichtige Etappe im demokratischen Übergang Ägyptens und ein historischer Augenblick für das Land und die Region". Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte, er hoffe auf eine konstruktive Zusammenarbeit. Chinas Präsident Hu Jintao erklärte, sein Land wolle Ägypten "bei der Bewahrung sozialer Stabilität" sowie bei wirtschaftlichen Fortschritten unterstützen.

Im arabischen Raum kamen Glückwünsche unter anderem von der islamistischen Hamas im Gazastreifen, der Palästinensischen Autonomiebehörde, aus Jordanien, Katar und Bahrain.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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