Kaschmir-Krise Musharraf laviert
27.05.2002, 12:39 UhrPakistan wird nach den Worten von Machthaber Pervez Musharraf wegen des Kaschmir-Konflikts keinen Krieg mit Indien beginnen. "Wir wollen keinen Krieg", sagte er am Montagabend in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung und fuhr fort: "Wir wollen Frieden in der Region."
Musharraf sagte jedoch auch, dass Pakistan den "Freiheitskampf" Kaschmirs weiterhin unterstützen werde. Zugleich verurteilte er aber Terrorangriffe muslimischer Rebellen in Indien, wie den Überfall auf das indische Parlament im Dezember vorigen Jahres und den Angriff auf ein indischen Militärcamp in diesem Monat. Musharraf rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, Indien zu Verhandlungen zu drängen und die Spannungen an der Grenze abzubauen.
Indien reagierte zurückhaltend auf die Rede. Musharraf müsse seine Worte durch Taten untermauern, forderte das Außenministerium in Neu Delhi. Indien könne auf mögliche Aktionen gegen Pakistan verzichten, wenn die Sicherheit der Grenze Prüfungen standhält.
Briten bemühen sich um Vermittlung
Zuvor hatte der britische Außenminister Jack Straw auf der Botschafterkonferenz in Berlin erneut vor einem Atomkrieg zwischen Indien und Pakistan gewarnt. Der Militäraufmarsch in der Krisenregion könne leicht in einen nuklearen Konflikt münden, "in einer Art, wie wir es zuvor noch nie gesehen haben". Straw reiste am späten Montagabend (MESZ) in die pakistanischen Hauptstadt Islamabad.
Auch Großbritanniens Premierminister Tony Blair appellierte an die Führungen der Konfliktparteien, sich um einen Abbau der Spannungen im Kaschmir-Konflikt zu bemühen. Wie die Downing Street mitteilte, führte Blair jeweils 15-minütige Telefonate mit Musharraf und den indischen Ministerpräsidenten Atal Behari Valpayee. Blair habe Musharraf aufgerufen, den grenzüberschreitenden Terrorismus von pakistanischem Gebiet aus aktiv zu bekämpfen.
Grenzgefechte halten an
An mehreren Grenzabschnitten im geteilten Kaschmir kam es am Montag erneut zu Gefechten, unter anderem nahe Poonch im Süden und bei Drass im Norden. Indien beschuldigte Pakistan, die Kämpfe begonnen zu haben, und gab an, seit Sonntag seien neun pakistanische Soldaten getötet worden. Auf indischer Seite sei ein Soldat ums Leben gekommen, Pakistan sprach dagegen von 40 indischen Gefallenen.
Die pakistanische Seite bestätigte, dass auf ihrer Seite 15 Menschen getötet wurden, darunter zwölf Zivilisten. Auf indischer Seite flohen seit Beginn der jüngsten Krise vor zwei Wochen mehr als 100.000 Menschen oder ihre Dörfer an der Grenze wurden evakuiert.
Quelle: ntv.de