"Ich liebe die Armee" Musharraf legt die Haut ab
28.11.2007, 15:37 UhrUnter dem Druck des Westens und der Opposition ist Pakistans Präsident Pervez Musharraf nach neun Jahren im Amt als Armeechef der südasiatischen Atommacht zurückgetreten. An diesem Donnerstag will Musharraf sich als "ziviler Präsident" für eine zweite fünfjährige Amtszeit vereidigen lassen. Der Nachrichtensender Dawn meldete, Musharraf werde den Ausnahmezustand wahrscheinlich "bald" aufheben.
Bei einer feierlichen Zeremonie in der Garnisonsstadt Rawalpindi übergab der 64-jährige Musharraf am Mittwoch das Kommando an seinen Vertrauten, General Ashfaq Parvez Kayani. Der 55-jährige General hatte zuvor den berüchtigten militärischen Geheimdienst ISI geleitet. "Diese Armee ist mein Leben, meine Leidenschaft, ich liebe sie", sagte Musharraf, der sich 1999 unblutig an die Macht geputscht hatte, sichtlich gerührt.
Der Präsident hatte den Ausnahmezustand am 3. November ausgerufen und war dafür international kritisiert worden. Mit dessen Aufhebung würde er - wie mit seinem Rücktritt vom Amt des Armeechefs - eine Kernforderung der Opposition erfüllen. Für eine baldige Aufhebung des Ausnahmezustands sprach unter anderem eine Aussage von Generalstaatsanwalt Malik Mohammed Qayyum. Er sagte Dawn, Musharraf werde seinen Amtseid auf die Verfassung schwören. Unter dem Ausnahmezustand ist diese in weiten Teilen ausgesetzt.
Die Pakistanische Volkspartei (PPP) von Oppositionsführerin Benazir Bhutto begrüßte, dass Musharraf die Uniform ablegte. PPP-Vizechef Makhdum Amin Faheem betonte: "Es ist eine gute Entscheidung von General Musharraf, dass er als Armeechef zurückgetreten ist, und ich muss sagen, das ist ein friedlicher Übergang der Macht." Über eine künftige Zusammenarbeit mit Musharraf auch als zivilem Präsidenten müsse aber die gesamte Opposition gemeinsam entscheiden.
Ex-Premierminister Nawaz Sharif von der oppositionellen Pakistanischen Muslim-Liga (PML-N) sagte dem indischen Sender NDTV, er und Bhutto würden weiterhin einen Boykott der Parlamentswahl am 8. Januar erwägen.
Der britische Premierminister Gordon Brown begrüßte Musharrafs Verzicht auf das Amt des Armeechefs. Dies sei ein "wichtiger Teil des Prozesses", die verfassungsrechtliche Ordnung in Pakistan wieder herzustellen, sagte er. Es sei unbedingt notwendig, dass "freie und faire" Wahlen gehalten würden.
Musharraf besuchte von 1961 an die Militärakademie und machte ab 1964 Karriere in den Streitkräften. 1998 wurde der General, der die Uniform seine "zweite Haut" nannte, Armeechef. Im Jahr darauf entmachtete er in einem unblutigen Putsch den damaligen Premierminister Sharif. Während mehr als der Hälfte der 60-jährigen Geschichte Pakistans wurde das Land durch das Militär regiert. Pakistan hat mit 600.000 Soldaten und rund 300.000 Paramilitärs die siebtgrößte Streitmacht der Welt.
Quelle: ntv.de