Deutsche Mail-Anbieter profitieren von Affäre NSA hackt sich in UN-Telekonferenzen
25.08.2013, 10:18 Uhr
Die NSA-Zentrale in Fort Meade in Maryland.
(Foto: AP)
Die Freude darüber, die interne Videokonferenzanlage der Vereinten Nationen geknackt zu haben, äußert die NSA auf ihre Weise. Denn damit habe sich laut einem Medienbericht die Datenlage aus dem UN-Hauptquartier "dramatisch verbessert". Grund zur Freude haben auch deutsche Internetfirmen: Sie profitieren von der Affäre.
Der US-Geheimdienst NSA soll einem Medienbericht zufolge auch die Zentrale der Vereinten Nationen in New York abgehört haben. Der NSA sei es im Sommer vergangenen Jahres gelungen, in die interne UN-Videokonferenzanlage einzudringen und deren Verschlüsselu ngstechnik zu knacken, berichtete der "Spiegel". In einem geheimen Dienstdokument sei vermerkt, dass dadurch "eine dramatische Verbesserung der Daten aus Video-Telekonferenzen und der Fähigkeit, diesen Datenverkehr zu entschlüsseln" erreicht wurde.
"Der Datenverkehr liefert uns die internen Video-Telekonferenzen der UNO (yay!)", zitiert der "Spiegel" aus dem besagten Dokument, inklusive der Freude über diese Leistung. Binnen drei Wochen habe sich die Zahl der entschlüsselten Kommunikationsvorgänge von zwölf auf 458 vervielfacht. In einem Fall soll sogar der chinesische Geheimdienst dabei ertappt worden sein, ebenfalls zu spionieren. Daraufhin habe die NSA dann von den Chinesen abgeschöpfte Informationen ausgespäht. In dem Bericht wird hervorgehoben, dass sich die USA in einem Abkommen mit der UN verpflichtet hätten, keine verdeckten Aktionen zu unternehmen.
Aus den internen Dokumenten, die der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden von NSA-Rechnern kopiert habe, geht laut "Spiegel" auch hervor, dass die Vertretung der Europäischen Union bei den Vereinten Nationen auch nach deren Umzug in neue Räume im September 2012 ausspioniert worden sei. Die Unterlagen enthielten Lagepläne inklusive IT-Infrastruktur und Serversystem der auf den Codenamen "Apalachee" getauften EU-Mission. Die europäische Dependance in Washington sei intern "Magothy" genannt worden.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, man habe keine Informationen über eine mögliche Ausspähung der Vereinten Nationen und von Botschaften durch die NSA.
"Special Collection Service"
Eigenen Angaben zufolge habe die NSA demnach die EU-Vertretungen mit Wanzen sowie durch Kopieren der Festplatten in New York und Infiltrieren des Computernetzwerks in Washington ausgespäht. Dabei hätten sie ausgenutzt, dass die Computer beider Einrichtungen über ein sogenanntes Virtuelles Privates Netzwerk (VPN) miteinander verbunden seien, wie das Magazin weiter ausführt.
"Wenn wir den Zugang zu einer Seite verlieren, können wir ihn unmittelbar zurückerhalten, wenn wir über das VPN der anderen Seite kommen", zitierte das Magazin aus einer internen Präsentation, die von NSA-Technikern verfasst worden sein soll. "Wir haben das mehrere Male genutzt, als wir bei 'Magothy' rausgeschmissen wurden."
Die NSA unterhalte in mehr als 80 Botschaften und Konsulaten weltweit ein eigenes Abhörprogramm, das intern "Special Collection Service" genannt und oft ohne das Wissen des Gastlandes betrieben werde, hieß es weiter. Einen entsprechenden Lauschposten soll die NSA demnach in Frankfurt, einen weiteren in Wien unterhalten.
Die Existenz der Lausch-Einheiten in Botschaften und Konsulaten sei unter allen Umständen geheim zu halten. Wenn sie bekannt würden, würde das "den Beziehungen zum jeweiligen Gastland schweren Schaden zufügen", zitierte der "Spiegel" aus einem NSA-Dokument.
Bereits Ende Juni hatte der "Spiegel" unter Berufung auf ein von Snowden weitergeleitetes Dokument vom September 2010 berichtet, die NSA habe die EU-Vertretungen in Washington, New York und Brüssel mit Wanzen abgehört. Ein Kommissionssprecher hob daraufhin hervor, dass die Enthüllungen auf das Jahr 2010 zurückgingen und die EU-Vertretungen in Washington und New York seitdem umgezogen seien. Mittlerweile sei "ein vollkommen neues Sicherheitssystem" in ihren Räumlichkeiten installiert worden. Zuletzt hatte der britische "Guardian" berichtet, dass die NSA mit US-Technologiekonzernen kooperiert. Dabei soll sie Unternehmen wie Google, Yahoo, Microsoft und Facebook Millionenbeträge gezahlt haben.
Deutsche Mail-Anbieter profitieren
Wie der "Spiegel" berichtete, profitieren deutsche E-Mail-Anbieter offensichtlich von der NSA-Abhöraffäre. Die Zahl der Neuanmeldungen für den E-Mail-Service sei bei Freenet innerhalb der vergangenen drei Wochen um 80 Prozent gestiegen. Das Unternehmen sei "sehr überrascht über diesen Anstieg", sagte ein Sprecher. Auch bei der 1&1 AG, zu der Web.de und GMX gehören, ist demnach ein sechsstelliger Anstieg der Nutzerzahlen erkennbar, der sich saisonal nicht erklären lasse.
T-Online, eine Tochter der Deutschen Telekom, melde ebenfalls ein "stärkeres Interesse" am E-Mail-Service, heißt es weiter. Ob dies auf Kosten der US-Anbieter Gmail, Hotmail und Yahoo! Mail gehe, sei nicht bekannt.
1&1 und die Deutsche Telekom bieten ihren Kunden in einer Kooperation in Reaktion auf den Skandal seit kurzem etwas mehr Sicherheit bei E-Mails: Mails, die zwischen T-Online, GMX und Web.de ausgetauscht werden, werden nun ausschließlich über verschlüsselte Verbindungen übertragen, wie sie etwa auch beim Onlinebanking üblich sind.
Quelle: ntv.de, dpa