"Diplomatie stößt an ihre Grenzen" Nato-Mitglieder fordern Vertragskündigung
31.08.2014, 13:11 Uhr
Einzelne Nato-Mitglieder wollen, dass die Beschränkung bei der Stationierung von Truppen im ehemaligen Ostblock aufgehoben wird.
(Foto: AP)
In der Nato rumort es. Angeblich fordern Mitglieder, den Nato-Russland-Pakt aufzukündigen. Dieser beschränkt die Stationierung von Truppen in Osteuropa. US-Soldaten sind schon seit Monaten im Baltikum und sollen bald durch Deutsche ersetzt werden.
Knapp eine Woche vor dem Nato-Gipfel in Wales dringen einem Medienbericht zufolge mehrere Mitgliedstaaten darauf, wegen des russischen Vorgehens im Ukraine-Konflikt die Nato-Russland-Gründungsakte ganz aufzukündigen. Dies beschreibt der "Spiegel" und beruft sich auf Brüsseler Nato-Kreise. "Die Diplomatie stößt angesichts der immer neuen russischen Aggressionen an ihre Grenzen", sagte der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn dem Magazin. Es stelle sich die Frage, ob bei Russlands Staatschef Wladimir Putin auf dem Verhandlungsweg noch etwas zu erreichen sei.
Die Bundesregierung ist demnach gegen die Kündigung der Vereinbarung, die der Nato Beschränkungen bei der Stationierung von Truppen auf dem Gebiet des ehemaligen Ostblocks auferlegt. Eine Quelle aus Berliner Regierungskreisen wird aber mit den Worten zitiert: "Es wird mit jedem weiteren militärischen Schritt der Russen schwieriger, die deutsche Position durchzusetzen." Befürwortet werde ein solcher Schritt aber von Polen, den baltischen Staaten und Kanada.
Die Nato hat Russland vorgeworfen, die Separatisten im Osten der Ukraine mit Waffen und Soldaten zu unterstützen. Die Regierung in Moskau weist das beharrlich zurück. Vor allem Länder wie Polen, Estland, Lettland und Litauen fühlen sich dadurch bedroht.
Deutsche Soldaten ins Baltikum
Deutschland will einem Zeitungsbericht zufolge im Rahmen der Nato weitere Truppen nach Osteuropa schicken. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet, die Bundeswehr wolle Anfang kommenden Jahres eine Kompanie mit etwa 150 Soldaten im Zuge der Rotation von Nato-Kampftruppen in das Baltikum oder nach Polen verlegen. Die Kompanie solle eine US-Einheit ablösen, der Ort sei jedoch noch nicht bekannt. Das Verteidigungsministerium wollte die Angaben laut "FAS" nicht bestätigen.

Deutschland beteiligt sich ab Montag mit sechs Kampfflugzeugen an der Nato-Luftraumüberwachung über dem Baltikum.
(Foto: dpa)
Washington hatte im Mai als Reaktion auf die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland in jedes der baltischen Länder und nach Polen eine Fallschirmjägerkompanie entsandt. Sie sollen der "FAS" zufolge in Kürze abgelöst werden. Die nächste Rotation stehe im Januar an. Laut dem Zeitungsbericht wurde die deutsche Entscheidung der Nato intern angekündigt, soll aber erst beim Nato-Gipfel in Wales Ende der Woche verkündet werden.
Bereits ab Montag beteiligt sich die Bundeswehr erstmals seit dem Beginn der Krise in der Ukraine an der Überwachung des Luftraums über den baltischen Nato-Mitgliedstaaten. Mehr als 150 Soldaten und vier Flugzeuge vom Typ Eurofighter wurden hierfür in der zurückliegenden Woche zum Nato-Flugplatz Ämari in Estland entsandt. Zwei weitere Eurofighter sollen in Deutschland in Bereitschaft sein.
Nato-Beitritt der Ukraine sehr unwahrscheinlich
Der scheidende Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte den Aufbau von Stützpunkten bereits vor einigen Tagen in einem "Guardian"-Interview angekündigt, Einzelheiten aber offengelassen.
Estland, Lettland und Litauen gehören seit dem Jahr 2004 der Nato an, sind aber nicht in der Lage, ihren Luftraum selbst zu sichern, weshalb Nato-Partner das sogenannte Air Policing von Beginn an übernahmen. Die Bundeswehr beteiligte sich seither bereits fünf Mal daran, zuletzt im Jahr 2009. Der neue deutsche Einsatz soll vier Monate dauern. Er ist ein zusätzlicher Beitrag über die übliche Luftraumüberwachung hinaus.
Auch ein Beitritt der Ukraine zur Nato wird weiterhin diskutiert. Die Bundesregierung lehnt dies ab, einzelne deutsche Politiker halten den Beitritt aber unter bestimmten Umständen für denkbar. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte indes der "Bild am Sonntag", eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine stehe jetzt nicht auf der Tagesordnung. "Ein tatsächlicher Beitritt würde ohnehin lange dauern, da die Ukraine in vielen Punkten nicht die Kriterien erfüllen könnte, die sich die Nato für eine Aufnahme weiterer Mitgliedstaaten gegeben hat."
Quelle: ntv.de, nsc/dpa/rts/AFP