Politik

Mord an Widerstandskämpfer Nazi-Verbrecher steht erneut vor Gericht

Bruins wurde bereits 1980 wegen Beihilfe zum Mord in einem anderen Fall verurteilt.

Bruins wurde bereits 1980 wegen Beihilfe zum Mord in einem anderen Fall verurteilt.

(Foto: REUTERS)

Ein bereits verurteilter Altnazi muss sich im westfälischen Hagen erneut verantworten. 92 Jahre alt ist der Mann heute. Im Jahr 1944 soll er einen Widerstandskämpfer erschossen haben. Der erste Prozesstag endet dann aber abrupt.

Fast 69 Jahre liegt ein Mord von Nazis in den Niederlanden zurück – jetzt begann deshalb vor dem Landgericht Hagen der Prozess gegen einen 92-jährigen Mann. Der Angeklagte Siert Bruins aus dem westfälischen Breckerfeld soll im September 1944 gemeinsam mit einem mittlerweile gestorbenen SS-Mann den niederländischen Widerstandskämpfer Aldert Klaas Dijkema erschossen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem inzwischen greisen Mann heimtückischen Mord vor.

Der erste Verhandlungstag im NS-Prozess wurde bereits nach 35 Minuten beendet. Bruins schwieg zu den Vorwürfen und machte keine Angaben zu seinen biografischen Daten. Ein von ihm selbst verfasster Lebenslauf aus dem Jahre 1944 wurde verlesen. Ein Gutachter erklärte, dass B. täglich drei Stunden lang verhandlungsfähig sei. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

Bruins wurde bereits verurteilt

In dem Mordprozess könnte dem gebürtigen Niederländer B. Jahrzehnte nach der Tat eine lebenslange Freiheitsstrafe drohen. Laut Staatsanwaltschaft sollen der Angeklagte, der nach dem Krieg nach Deutschland flüchtete, und sein damaliger Mittäter den Widerstandskämpfer in der Nacht vom 21. zum 22. September 1944 hinterrücks und angeblich "auf der Flucht" erschossen haben.

Ein Sondergericht in dem Nachbarland verhängte im April 1949 gegen ihn die Todesstrafe wegen der Teilnahme an drei Erschießungen, darunter auch die des Widerstandskämpfers Dijkema. Die Strafe wurde später in lebenslange Haft umgewandelt.

1978 beantragten die Niederländer bei den deutschen Behörden die Auslieferung von B. Der Auslieferungsantrag scheiterte jedoch, weil B. nach Einschätzung der deutschen Behörden im Krieg die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt hatte. Hintergrund ist ein Erlass von Naziführer Adolf Hitler vom Mai 1943. Durch den Erlass erhielten Ausländer, die in NS-Verbänden Dienst taten, die deutsche Staatsangehörigkeit. B. sagte dazu am ersten Prozesstag: "Ich bin seit 1942 Deutscher."

Alter spielt keine Rolle

Am Rande des Prozesses wandte sich der Vertreter der Staatsanwaltschaft gegen die Auffassung, dass NS-Täter heute wegen ihres hohen Alters strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden sollten. "Für mich kommt es nicht darauf an, wie alt ein Angeklagter ist", sagte Oberstaatsanwalt Andreas Brendel. "Wenn ich ihm ein Tötungsdelikt vorwerfen kann, spielt das Alter keine Rolle."

Bruins war bereits 1980 vom Hagener Landgericht wegen Beihilfe zum Mord an zwei jüdischen Brüdern zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Nach Ende des Krieges hatte er rund drei Jahrzehnte unter falschem Namen in Westfalen gelebt.

Quelle: ntv.de, jtw/AFP/dpa

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