"Neue Einstellung" Netanjahu will überraschen
05.05.2009, 14:05 UhrIm festgefahrenen Nahost-Friedensprozess deuten sich Zeichen des Fortschritts an. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den Palästinensern eine sofortige Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen angeboten. Zwar bekannte sich der rechtsorientierte Ministerpräsident weiterhin nicht ausdrücklich zur Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaates, Netanjahu sprach aber von der Notwendigkeit einer "neuen Einstellung". Zudem kündigte Russland an, unter seinem Vorsitz im UN-Sicherheitsrat eine neue Nahost-Initiative starten zu wollen. Die Palästinenserführung im Westjordanland reagierte mit Skepsis auf Netanjahus Äußerungen.
Der russische UN-Botschafter Vitali Tschurkin hatte angekündigt, mit einer Ministerrunde im Weltsicherheitsrat die festgefahrene Debatte um den Nahostfrieden vorantreiben. Tschurkin übernimmt im Mai den Vorsitz des höchsten UN-Gremiums.
Netanjahus Erklärung stammt aus einer Videoansprache, die auf einer Tagung der pro-israelischen Lobby-Organisation Aipac in Washington übertragen wurde. Medienberichten zufolge sagte er, seine Regierung strebe eine Zusammenarbeit mit der arabischen Welt und den Palästinensern an. "Wir wollen eine Normalisierung wirtschaftlicher und diplomatischer Verbindungen", sagte der Ministerpräsident. "Wir wollen Frieden mit der arabischen Welt, aber wir wollen auch Frieden mit den Palästinensern."
Frieden auf drei Säulen
Der Regierungschef schlug Friedensbemühungen in drei Bereichen vor: Wirtschaft, Sicherheit und Politik. "Dies bedeutet, dass wir Verhandlungen ohne Verzögerung aufnehmen, je früher, desto besser, ohne jede Vorbedingungen." Die wirtschaftliche Zusammenarbeit solle politische Verhandlungen nicht ersetzen, sondern unterstützen. "Ich will sehen, dass palästinensische Jugendliche eine Zukunft haben", sagte Netanjahu. "Ich will nicht, dass sie Geiseln eines Kults von Tod, Verzweiflung und Hass sind. Ich will, dass sie Jobs haben." Er glaube, man könne in Zusammenarbeit mit US-Präsident Barack Obama und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas "die Skeptiker besiegen und die Welt überraschen".
Sicherheit um jeden Preis
Israel sei jedoch nicht bereit, Kompromisse im Bereich der Sicherheit zu schließen. Damit eine endgültige Friedensregelung erzielt werden könne, müssten die Palästinenser Israel als jüdischen Staat anerkennen.
Skeptische Reaktionen
"Dies ist nicht genug", sagte der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat. "Wir brauchen ein Bekenntnis Israels zu einer Zwei-Staaten-Lösung und einen Stopp der Siedlungsaktivitäten." Die Frage sei, ob Netanjahu bereit sei, über Themen wie Jerusalem, den künftigen Grenzverlauf, die Flüchtlingsfrage und Siedlungen zu verhandeln, sagte Erekat. Fausi Barhum, Sprecher der im Gazastreifen herrschenden Hamas-Organisation, sprach von einem Versuch Netanjahus, "die öffentliche Meinung zu manipulieren und Israels Kriegsverbrechen zu vertuschen".
Netanjahus ultrarechter Außenminister Lieberman traf unterdessen am Dienstag den italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi in Rom und beendete damit die erste Etappe seiner Europatour. Er wollte anschließend Paris, Prag und Berlin besuchen.
Quelle: ntv.de, dpa / AFP