Lehre bleibt Stiefkind Neue Elite-Unis gekürt
19.10.2007, 11:15 UhrDeutschland hat künftig sechs weitere Elite-Universitäten. Den begehrten Titel tragen nun auch die RWTH Aachen, die FU Berlin sowie die Universitäten Göttingen, Heidelberg, Freiburg und Konstanz, wie Bundesforschungsministerin Annette Schavan in Bonn mitteilte.
Dagegen gingen die Ruhr-Universität Bochum und die Humboldt-Universität zu Berlin leer aus, die ebenfalls in der Vorauswahl waren. Der Bewilligungsausschuss beschloss im Rahmen der Exzellenzinitiative zudem die Förderung von 21 Graduiertenschulen und 20 Exzellenzclustern.
Bildungsgewerkschaft und Arbeitgeber einig
Kritik kam sowohl von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) als auch den Arbeitgebern. "Die Exzellenzinitiative verschärft die Strukturprobleme des deutschen Hochschulsystems, statt diese zu lösen", sagte GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller. Die meisten der ausgewählten Hochschulen lägen in Süddeutschland, keine einzige in den neuen Bundesländern.
Zudem kritisierte die Gewerkschaft, die Initiative fördere ausschließlich die Forschung an Universitäten, während Lehre und Studium unter den Tisch fielen.
Die besondere Förderung der Lehre ist auch eine Forderung der Arbeitgeber. Nach Ansicht von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat die Exzellenzinitiative erstmals "einen Hauch von Wettbewerb und frischen Wind in die Hochschulen" gebracht. Die finanziellen Mittel seien aber "nur ein Tropfen auf den heißen Stein", so Hundt. Erforderlich sei nun dringend auch "eine Exzellenzinitiative für die Lehre, die bisher weitgehend stiefmütterlich behandelt wurde". Auch für die Fachhochschulen müsste es einen solchen Exzellenzwettbewerb geben, da sie in der Initiative nicht berücksichtigt worden seien. Dies kritisierte auch die GEW.
Für den Ausbau von Studienplätzen bringe der Bund im Rahmen des Hochschulpakts 2020 gerade einmal 219 Millionen Euro auf, für die Förderung der Spitzenforschung in der Exzellenzinitiative dagegen mehr als 1,4 Milliarden Euro, so die GEW. "Das ist eine falsche Prioritätensetzung zu Lasten junger Menschen, die sich auf Grund des Studienplatzmangels die Exzellenz-Unis nur von außen anschauen dürfen", sagte Keller.
Bildungsministerin freut sich trotzdem
"Die Exzellenzinitiative schreibt Wissenschaftsgeschichte in Deutschland", meint dagegen Schavan. Davon seien Wissenschaftsrat und Politik nach Abschluss des Bewilligungsausschusses überzeugt. Die Ministerin betonte, bei der Auswahl der sechs Zukunftskonzepte habe eine große Übereinstimmung gegeben. In der zweiten Runde habe man zudem noch einmal eine Steigerung bei der Qualität der Anträge festgestellt. "Die beiden Runden dürfen keine Episoden bleiben", sagte Schavan. Daher sei eine Weiterentwicklung nötig. Sie werde sich dafür einsetzen, dass es bis Sommer 2009 einen neuen Vertrag zwischen Bund und Ländern gebe, kündigte die Ministerin an.
Der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Peter Strohschneider, sagte, der Wettbewerb habe die deutsche Universitätslandschaft umgekrempelt. "Die Exzellenzinitiative ist im Bereich der Forschung zum wichtigsten Impuls für die Differenzierung der Universitätslandschaft geworden", sagte er. Auch der Vorsitzende der Bund-Länder-Kommission, Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner, betonte, der Wettbewerb habe ungeahnte Kräfte freigesetzt - wissenschaftliche, aber auch strategisch-konzeptionelle. Den von der zweiten Runde der Exzellenzinitiative ausgehenden Schwung müsse man nutzen.
Die 2005 gestartete Exzellenzinitiative soll den Wissenschaftsstandort Deutschland international wettbewerbsfähiger machen. Von 2006 bis 2011 stehen insgesamt 1,9 Milliarden Euro zur Verfügung, von denen drei Viertel der Bund zusteuert. Das restliche Viertel kommt von den Ländern, in denen die geförderten Hochschulen liegen. Im vergangenen Jahr wurden drei Hochschulen ausgewählt: die Universität Karlsruhe (TH), die Ludwig-Maximilians-Universität München und die TU München.
Jubel bei den Auserwählten
Die nun ausgewählten Hochschulen reagierten erfreut. Der Rektor der Hochschule Konstanz, Gerhart von Graevenitz, sagte, mit der Auszeichnung eröffneten sich neue Horizonte. Der Rektor der Universität Freiburg erklärte, nun spiele seine Hochschule in der Champions League. "Wir sehen dadurch den von uns eingeschlagenen Weg bestätigt", erklärte der Rektor der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH), Burkhard Rauhut. Hochzufrieden reagierte die baden-württembergische Landesregierung auf die Auszeichnung der Hochschulen in Freiburg, Heidelberg und Konstanz.
Quelle: ntv.de