Entführter per Haftbefehl gesucht "Nichts Neues" von Harald K.
18.12.2007, 11:54 UhrIm Fall des seit Samstag in Afghanistan vermissten Deutschen verdichten sich auch nach Angaben des Auswärtigen Amtes die Hinweise auf eine Entführung. Der Krisenstab habe seine Arbeit aufgenommen und bemühe sich gemeinsam mit der Botschaft in Kabul intensiv um eine Aufklärung des Falls, sagte eine Sprecherin. Eine offizielle Bestätigung der Verschleppung des aus Bayern stammenden Schreinermeisters Harald K. in der afghanischen Provinz Herat steht weiterhin aus.
Die afghanische Polizei setzte die Suche nach dem Mann fort. Die Polizisten hätten Häuser durchsucht, bislang aber keine Hinweise auf den Aufenthaltsort des Deutschen gefunden, sagte der Polizeichef der Provinz Herat, Mohammad Juma Azim. Inzwischen sei auch der Geheimdienst NDS eingeschaltet worden. Präsident Hamid Karsai versprach rasche Aufklärung: "Kriminelle Handlungen wie diese werden von uns nicht hingenommen", sagte er der "Bild"-Zeitung.
Harald K. aus Amberg ist zum Islam übergetreten, nahm den Namen Abdul Rahman und lebt seit vier Jahren in Afghanistan. In Deutschland wird er wegen der Veruntreuung von Hilfsgeldern per Haftbefehl gesucht.
Herats Polizeichef Mohammad Juma Azim sagte, Bewaffnete hätten das Auto mit dem Deutschen gestoppt und ihn aus dem Wagen gezerrt. Seine afghanische Ehefrau und sein Schwager, die ebenfalls in dem Fahrzeug saßen, blieben verschont. Möglicherweise hat der Fall einen privaten Hintergrund: Laut Polizeichef Azim war die Ehefrau des Deutschen früher mit einem Afghanen verheiratet, den sie für den Deutschen verließ. Das ist in Afghanistan sehr ungewöhnlich. In Herat hieß es, K. werde in seinem Umfeld als Afghane gesehen. Er habe sich auch selber in den vergangenen Jahren zunehmend als Afghane verstanden.
Strafanzeige gegen Harald K.
Harald K. arbeitete 2003/04 für die Hilfsorganisation "Grünhelme" in der westafghanischen Provinz Herat, wo er in der gleichnamigen Stadt eine Schreinerwerkstatt betreibt. Inzwischen hat die Organisation nach eigenen Angaben keinen Kontakt mehr zu ihm. Der Vorsitzende der "Grünhelme", Rupert Neudeck, sagte im Deutschlandfunk, dass seine Organisation dem Schreiner Betrug vorwerfe und von ihm die Rückzahlung einer größeren Geldsumme fordere. Laut "Berliner Zeitung" geht es um den Vorwurf, dass der Deutsche als Aufbauhelfer beim Bau einer Schule 87.300 Euro unterschlagen haben soll. Die Staatsanwaltschaft Bonn bestätigte, dass immer noch ein Ermittlungsverfahren anhängig ist. "Es gibt eine Strafanzeige, und dann müssen wir ja ermitteln", sagte Oberstaatsanwalt Fred Apostel.
Der Deutsche wollte 2003 für die Grünen in den bayerischen Landtag einziehen. Nach Angaben der Partei zog er die Kandidatur kurz vor der Wahl zurück und siedelte nach Afghanistan über. Grund sei ein laufendes Strafverfahren gewesen.
Seit Anfang Juli wurden damit insgesamt fünf Deutsche in Afghanistan verschleppt. Der deutsche Ingenieur Rüdiger D. wurde von seinen Entführern erschossen. Alle anderen deutschen Entführungsopfer kamen wieder frei, wenn auch zum Teil erst nach längerer Geiselhaft.
Quelle: ntv.de