Afghanistan Niederlande planen Abzug
02.10.2009, 10:23 UhrDie Niederlande stehen offenbar kurz davor, den Abzug ihrer Truppen vom Hindukusch zu beschließen. Zuvor war in der Regierung ein Streit um einen Kampfbomber-Einsatz entbrannt, dem neun unbeteiligte Afghanen zum Opfer fielen.

Der Schatten eines NATO-Soldaten in der Nähe von Kundus.
(Foto: REUTERS)
Die Tötung von Zivilisten durch niederländische Kampfbomber hat die Diskussion in der Regierungskoalition in Den Haag um den Militäreinsatz am Hindukusch erneut angefacht. Zwei der drei Koalitionsparteien bestehen jetzt auf eine verbindliche Zusage der Regierung, dass die Niederlande ihr militärisches Engagement in der afghanischen Unruheprovinz Urusgan auf keinen Fall über das Jahr 2010 hinaus verlängern werden.
Über das Begehren der sozialdemokratischen Partei der Arbeit (PvdA) und der protestantisch-konservativen Christen-Union soll in der kommenden Woche im Parlament abgestimmt werden. Der Christlich-Demokratische Appell (CDA) von Ministerpräsident Jan-Peter Balkenende sprach sich dagegen aus. Die Annahme gilt jedoch als wahrscheinlich, da auch die meisten Oppositionsparteien den Afghanistan-Einsatz beenden wollen.
Neun Zivilisten getötet
Der umstrittene Einsatz von zwei F-16-Kampfbombern in der Provinz Helmand soll nun von der niederländischen Militärpolizei untersucht werden. Dabei waren vor laut Zeugen neun Zivilisten getötet worden. Der Oberkommandierende der niederländischen Streitkräfte, General Peter van Uhm, bedauerte das, betonte aber, die Piloten hätten alle Vorschriften für den Schutz von Zivilisten eingehalten. Eine der F16 hatte während eines Gefechts britischer Truppen mit Taliban-Kämpfern eine lasergesteuerte Bombe auf ein Haus gefeuert, in dem sich die Aufständischen verschanzt hatten.
Die Haager Regierung hatte 2007 erklärt, die Niederlande würden das Kommando in der Provinz Urusgan im Rahmen der NATO-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF im August 2010 abgeben und danach ihre Truppenstärke schrittweise reduzieren. Inzwischen werden die Niederlande jedoch von den USA gedrängt, ihr militärisches Engagement fortzusetzen. Seit 2006 sind etwa 1400 niederländische Soldaten in Urusgan im Einsatz, bislang kamen 21 ums Leben.
Truppenaufstockung gefordert
In Deutschland hatte vor Wochen ein Bombenangriff auf zwei Tanklastzüge für eine ähnliche Diskussion gesorgt. Bei dem Vorfall waren zahlreiche Zivilisten getötet worden. Der befehlshabende Oberst Klein soll dabei schwere Fehler begangen haben. Verteidigungsminister Jung hatte den Einsatz jedoch verteidigt.
Unterdessen spricht sich der ehemalige Generalinspekteur und Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Harald Kujat, für eine deutliche Aufstockung des deutschen Afghanistan-Kontingents aus. "Eine Anhebung wird unausweichlich", sagte Kujat dem "Kölner Stadtanzeiger". "Die Obergrenze sollte deutlich erhöht werden, und zwar eher in Richtung 8000 als in Richtung 6000. " Derzeit liegt die Mandatsobergrenze bei 4500 Bundeswehrsoldaten.
Kujat begründete seine Forderung damit, dass der Druck seitens der USA wachsen werde, zudem würden die Taliban in Nordafghanistan noch stärker. Vor allem aber sei die Aufstockung erforderlich, um mehr militärische Initiative ergreifen und dabei die eigenen Soldaten besser schützen zu können. "Wir müssen aus der Ecke raus, in die die Taliban uns gedrängt haben", sagte Kujat. "Wir müssen initiativ vorgehen und die Kampfkraft stärken."
Quelle: ntv.de, cba/dpa/AFP