Politik

Großserbische Ambitionen Nikolic gewinnt erste Runde

In Serbien fällt die Entscheidung über einen neuen Präsidenten voraussichtlich in einer Stichwahl am 3. Februar. Die erste Wahlrunde konnte der russlandfreundliche Tomislav Nikolic von der Serbischen Radikalen Partei (SRS) für sich entscheiden.

Wie die Wahlkommission mitteilte, kam Nikolic auf 39,6 Prozent der Stimmen. Auf den pro-europäischen Amtsinhaber Boris Tadic entfielen 35,5 Prozent. Beide Politiker verfehlten die nötige absolute Mehrheit. Die Wahl war geprägt vom Streit um die Zukunft des Kosovos. Nikolic sagte, Serbien habe gezeigt, dass es einen Wechsel wollte: "Niemand kann uns aufhalten."

Die Wahlkommission gab die Zahlen frei, nachdem 85 Prozent der Stimmen ausgezählt waren. Schon in Nachwahlbefragungen hatte Nikolic vor Tadic gelegen. Alle anderen Bewerber blieben deutlich dahinter. Die Wahlbeteiligung lag bei 61 Prozent und war damit so hoch wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Beobachtern zufolge sahen viele Wähler in der Abstimmung eine Richtungsentscheidung für das Balkan-Land. Tadic und Nikolic vertreten gegensätzliche Richtungen: Der Amtsinhaber steht für die Annäherung an den Westen und die Europäische Union, der Ultranationalist Nikolic hingegen steht in der Tradition eines Großserbiens. Er will Brüssel den Rücken kehren und ein enges Bündnis mit Russland eingehen. Eine Abspaltung der südlichen Provinz Kosovo lehnen aber beide ab.

Beide Kontrahenten siegesgewiss

Sowohl Nikolic als auch Tadic zeigten sich siegesgewiss. "Wir haben die Grundlage für meinen Sieg im zweiten Durchgang gelegt", sagte der Oppositionsführer vor Anhängern: "Serbien hat gezeigt, dass es Änderungen will." "Das war erst die erste Halbzeit", hielt der im ersten Wahlgang unterlegene Tadic dagegen: "So war es auch bei der letzten Wahl - mein Sieg nach dem zweiten Wahlgang. Ich schaue mit großem Optimismus auf die zweite Runde." "Ich werde nicht zulassen, dass wir in die 90er-Jahre zurückkehren", sagte Tadic unter Anspielung auf die Rolle der Radikalen zur Zeit des inzwischen gestorbenen Alleinherrschers Slobodan Milosevic.

Entscheidend für den Ausgang der Stichwahl sei die Unterstützung des serbischen Regierungschefs Vojislav Kostunica, analysierte der frühere Verfassungsgerichtspräsident Slobodan Vucetic die Ausgangslage. Tadic könne nur gewinnen, wenn Kostunica seine Anhänger aufrufe, für seinen politischen Konkurrenten zu stimmen. Das sei "das entscheidende Gewicht auf der Waage", sagte der Verfassungsjurist. Wirtschaftsminister und Tadic-Anhänger Mladjan Dinkic verlangte von Kostunica diese Unterstützung. "Das ist nur natürlich, dass man seinen Koalitionspartner stützt", sagte er als Reaktion auf das Ergebnis der ersten Runde.

EU in der Zwickmühle

Dieses Resultat dürfte die EU in eine Zwickmühle bringen. Die Mehrheit der EU-Mitglieder will die abtrünnige südserbische Provinz Kosovo so schnell wie möglich in die eingeschränkte Selbstständigkeit entlassen. Als Schritt dahin wollen die EU-Außenminister am 28. Januar die Entsendung von knapp 2000 Polizisten, Richtern und Verwaltungsexperten ins Kosovo beschließen. Sie sollen die UN- Verwaltung im Kosovo (UNMIK) ablösen, die seit 1999 die Geschicke dieser fast nur noch von Albanern bewohnten Provinz lenkt. Jede Förderung der Unabhängigkeit Kosovos würde jedoch dem EU- Wunschkandidaten Tadic schaden und gleichzeitig Wasser auf die Mühlen des Extremisten Nikolic bringen.

Die EU hat unterdessen ihre Zuversicht in die Zukunft der Balkan-Republik bekräftigt. Die Europäische Union sei sicher, dass Serbien seinen pro-europäischen Kurs fortsetzen werde und dass Fortschritte auf dem Weg des Landes in die EU erreicht werden könnten, erklärte das Büro des europäischen Chefdiplomaten Javier Solana in Brüssel.


Quelle: ntv.de

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