Politik

Das Blaue vom Himmel "Nur Grün kann führen"

Mit scharfen Attacken gegen alle anderen Parteien und dem Versprechen eines Auswegs aus der Wirtschafts- und Klimakrise starten die Grünen in den Bundestagswahlkampf. "Aus dieser Krise kann nur Grün führen", rief Parteichef Cem Özdemir den mehr als 500 Delegierten des am Freitag begonnenen dreitägigen Parteitags in Berlin zu. Union, SPD, FDP und Linke "können's nicht, sie schaffen's nicht, sie wissen nicht, wohin die Reise geht".

Grüne versprechen eine Million neue Jobs

Eindringlich warb Özdemir für das am Samstag zur Abstimmung stehende Grünen-Wahlprogramm. "Mit grünen Investitionen in Klima, in Bildung und in Gerechtigkeit schaffen wir eine Million neuer, zusätzlicher Jobs in der Bundesrepublik Deutschland in den nächsten vier Jahren." Dafür will die Partei zusätzlich zu den Konjunkturpaketen der Regierung, die rund 80 Milliarden Euro für zwei Jahre umfassen, 20 Milliarden Euro pro Jahr aufwenden. "Wir machen nicht nur neue Schulden, sondern daraus resultiert auch ein Mehrwert", versprach Spitzenkandidatin Renate Künast.

Bei den anderen nur "heiße Luft"

Özdemir warf den anderen Parteien "Steuersenkungsversprechen auf Pump", "Lippenbekenntnisse" und "heiße Luft" vor. Die Grönland-Gletscher, die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) medienwirksam besucht hätten, seien bereits geschmolzen. "Frau Merkel, Herr Gabriel, wachen Sie endlich auf, es ist ernster als wir glauben!" Der Linken attestierte der Grünen-Chef "die Relevanz eines ergreisten Debattierclubs". An die Adresse des FDP-Vorsitzenden rief er unter dem Jubel der Delegierten: "Der iPod von Guido Westerwelle kennt nur einen Song: Steuern senken."

Neuer Gesellschaftsvertrag soll her

Grünen-Vorsitzende Claudia Roth forderte einen neuen Gesellschaftsvertrag zur Überwindung der Wirtschaftskrise. "Der Neoliberalismus der letzen Jahre und Jahrzehnte hat den alten Gesellschaftsvertrag ausgehöhlt. Er habe den Sozialstaat geschwächt, die soziale Spaltung vertieft und dem Staat durch den Kollaps der Finanzmärkte einen Schuldenberg aufgehalst, "neben dem der Mount Everest oder die Zugspitze wirklich nur wie ein sanfter Hügel erscheint".

Grundsatz des neuen Gesellschaftsvertrags müsse sein: "Wir dürfen nicht mehr auf Kosten von anderen leben." Die Grünen wollten deshalb eine neue Verabredung für einen verantwortungsvolleren Umgang mit Klima und Umwelt, solidarische Antworten auf die wirtschaftlichen Herausforderungen und den Schutz der Freiheit durch starke Bürger- und Menschenrechte.

Grüner Kompass für die SPD

Im Einklang mit dem am Sonntag zur Abstimmung stehenden Wahlaufruf schloss Özdemir eine sogenannte Jamaika-Koalition mit Union und FDP aus. "Dafür sind wir nicht zu haben." Die SPD brauche die Grünen als Partner. Die Abwrackprämie habe gezeigt: "Die Sozialdemokratie alleine hat keinen grünen Kompass." Er betonte: "Der Kompass der anderen zeigt in die Vergangenheit."

Nach heftigen Auseinandersetzungen über eine Wahlaussage erwartete Spitzenkandidat Jürgen Trittin eine "überwältigende Mehrheit" für den Vorschlag des Vorstands. Außer einem Jamaika-Bündnis sei nichts ausgeschlossen, sagte Künast. Mit einem Vorstoß für eine Ampel mit SPD und FDP waren Künast und Trittin im Vorfeld an der Basis gescheitert. Die Grünen versuchten, dieser Entscheidung die Brisanz zu nehmen. Der Mitinitiator eines Vorstoßes in Richtung eines rot- rot-grünen Bündnisses, Gerhard Schick, sprach sich für die Rücknahme dieses Antrags aus. Denn auch im Vorstandsentwurf sei ein Bündnis mit SPD und Linken nicht explizit ausgeschlossen. "Aber mit einer Linken, wie sie heute ist, wird es nicht funktionieren", sagte Schick.

Zehn Prozent plus X

Die Grünen wollen bei der Bundestagswahl die Zehn-Prozent-Marke überspringen. "Wir wollen den dritten Platz zurückerobern und beim Wahlergebnis zweistellig werden", sagte Özdemir. Mit 8,1 Prozent bei der Bundestagswahl 2005 sind die Grünen die kleinste Bundestagspartei. Laut jüngsten Umfragen erreichen sie 9 bis 11 Prozent und liegen knapp vor den Linken (8 bis 10), aber hinter der FDP (13,5 bis 16).

Als erste Partei werden die Grünen ihr Programm auf dem Kongress beschließen. Sie wollen massiv öffentliche Gelder in klimafreundliche Unternehmen, Gebäudesanierung, Ökostrom, Kinderbetreuung und höhere Sozialsätze lenken. Sie fordern Regeln für eine komplette Wende hin zur Öko-Energie.

Quelle: ntv.de, dpa

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