Wer folgt auf Wulff? Nur noch Huber im Rennen
18.02.2012, 17:33 Uhr
Wolfgang Huber im Jahr 2009
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Im Rennen um das Präsidentenamt ist derzeit nur der noch frühere evangelische Bischof Huber. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Voßkuhle, und auch Bundestagspräsident Lammert sagen ab. Allerdings gibt es auch gegen Huber Vorbehalte. Die Opposition warnt die Koalition vor einer vorschnellen Festlegung.

Die Grünen (l.) waren zu Gast im Willy-Brand-Haus.
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SPD und Grüne wollen eine schnelle Lösung bei der Suche nach einem neuen Bundespräsidenten. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier rechnet für Sonntag oder in den nächsten Tagen mit einem Gespräch mit Grünen und der Spitze der Koalition über einen gemeinsamen Kandidaten. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Grünen sagte er in Berlin, es habe telefonische Kontakte mit der Koalitionsspitze gegeben. Bislang gebe es aber noch keine Einladung für ein Treffen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, auch die Sozialdemokraten hätten ein Interesse an einer schnellen Lösung. "Am Ende ist die Überschrift: Qualität vor Schnelligkeit."
Steinmeier warnte Schwarz-Gelb, einen gemeinsamen Kandidaten zu präsentieren, zu dem SPD und Grünen nur noch Ja oder Nein sagen könnten. Gabriel betonte, die SPD nenne den früheren DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck als einzigen Namen in der Debatte, weil dieser der Favorit seiner Partei bei der Bundespräsidentenwahl vor zwei Jahren gewesen sei. "Wir können nur für Gauck werben, aber wir können nicht sagen, der oder keiner", sagte Gabriel. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach sich ausdrücklich dafür aus, bei der Suche auch Frauen zu berücksichtigen. Das sei doch logisch.
Gabriel und Grünen-Chef Cem Özdemir sagten, aus ihrer Sicht könne auch die Linke zu den Verhandlungen über einen Konsenskandidaten für das höchste Staatsamt eingeladen werden. Gabriel sagte aber, es sei Sache von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), wen sie einlade. Özdemir kritisierte, dass die Linkspartei in der Debatte Ausschlusskriterien für Kandidaten formuliere.
Koalition kommt voran

Bayerns Ministerpräsident und Interims-Staatsoberhaupt Horst Seehofer: Wir sind auf einem guten Weg.
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CSU-Chef Horst Seehofer ließ vor einer CSU-Präsidiumssitzung in München durchblicken, dass die schwarz-gelbe Koalition gut voran komme. "Wir sind auf einem guten Weg." Nun berieten die Parteien jeweils für sich. Am Sonntag treffe man sich wieder in Berlin, dann werde sich "einiges klären". Zu Namen möglicher Kandidaten nahm Seehofer keine Stellung.
Im Rennen um das Präsidentenamt ist derzeit nur noch der frühere evangelische Bischof Wolfgang Huber. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, hieß aus Koalitionskreisen. Zuvor hatten der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, als Konsensvorschlag der Koalition an SPD und Grüne, sowie Bundestagspräsident Norbert Lammert. Das verlautete aus CSU-Kreisen. Aber auch gegen Huber gebe es Vorbehalte.
Der 69-jährige Huber war bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er stehe der SPD näher als der Koalition, sei aber auch bei Union und FDP anerkannt. Huber würde deshalb nicht als Signal für eine große Koalition gewertet, hieß es.
Auch der frühere CDU-Umweltminister Klaus Töpfer sei aus dem Rennen, hieß es in Koalitionskreisen. Der von der SPD favorisierte Ex-DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, der 2010 gegen Christian Wulff verloren hatte, scheint im Lager von Union und FDP kaum durchsetzbar.
Ermittlungsverfahren hat bereits begonnen
Derweil hat die Staatsanwaltschaft Hannover das Ermittlungsverfahren gegen Wulff wegen Verdachts der Vorteilsannahme eingeleitet. Das Ermittlungsverfahren beginne automatisch mit dem Ende der Immunität, sagte ein Sprecher der Behörde. Wulff hatte am Freitag seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung erklärt. Damit erlosch auch der Schutz vor Strafverfolgung.
Die Federführung bei den Ermittlungen hat der Leiter der Zentralstelle Korruptionsstrafsachen, Clemens Eimterbäumer. Der 41-jährige Oberstaatsanwalt ist seit 1998 im Justizdienst des Landes und übernahm die Leitung der Zentralstelle Ende Oktober 2011.
Bei den Ermittlungen geht es um Wulffs Beziehungen zu dem Filmproduzenten David Groenewold. Das Land Niedersachsen hatte während Wulffs Amtszeit als Ministerpräsident Bürgschaften für geplante Projekte von Groenewolds Firma bereit gestellt. Groenewold hatte unter anderem 2007 bei einem gemeinsamen Kurzurlaub auf Sylt die Rechnung für Wulffs Hotelzimmer bezahlt. Das Geld hat Wulff nach Angaben seines Anwalts in bar erstattet.
Bürger begrüßen Wulffs Rücktritt
Eine große Mehrheit der Bundesbürger hält einer Umfrage zufolge Christian Wulffs Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten für richtig. In einer Forsa-Erhebung für RTL begrüßen 83 Prozent der Befragten seinen Schritt. Auch von den Anhängern der Union hält demnach eine große Mehrheit von 79 Prozent Wulffs Rücktritt für richtig.
Als Nachfolgekandidat liegt Joachim Gauck bei den Bürgern vorn. 46 Prozent sagten der Umfrage zufolge, sie würden Gauck für geeignet halten. Mit deutlichem Abstand folgen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen mit 20 Prozent und Verteidigungsminister Thomas de Maiziere mit 19 Prozent. Finanzminister Wolfgang Schäuble und der frühere Chef des UN-Umweltprogrammes, Klaus Töpfer, kämen auf jeweils 18 Prozent.
Rücktritt privat oder politisch bedingt?
Derweil geht die Diskussion über die Frage, ob Wulff ein Ehrensold zusteht, weiter. Am Tag des Rücktritts war von Experten wie dem Verfassungsrechtsprofessor Hans Herbert von Arnim bezweifelt worden, dass Wulff die jährlich 199.000 Euro bekommen darf, weil sie nur bei einem Ausscheiden aus politischen oder gesundheitlichen, nicht aber privaten Gründen gezahlt werden dürfen.
CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Altmaier verwies darauf, dass Wulff seinen Rücktritt damit erklärt hatte, dass er am Ende nicht mehr die nötige öffentliche Unterstützung für seine Arbeit gefunden habe. "Das ist für mich eindeutig ein Hinweis darauf, dass es ein Rücktritt aus politischen Gründen war", sagte Altmaier im Deutschlandfunk. "Ich habe keinen Anlass, daran zu zweifeln", dass Wulff das Geld zusteht.
Die Entscheidung darüber fällt die Bundesregierung. Auch dort wird das ähnlich gesehen wie von Altmaier. Der Ehrensold stehe Wulff rechtlich zweifellos zu, sagte ein ungenanntes Kabinettsmitglied der "Mitteldeutschen Zeitung". "Ich gehe deshalb davon aus, dass das Kabinett Wulff den Ehrensold zusprechen wird." Alles andere sei auch politisch eigentlich "undenkbar".
Quelle: ntv.de, ppo/jog/dpa/AFP/rts