Internationale Reaktionen Obama eine "große Chance"
05.11.2008, 08:47 UhrDer Wahlsieg Barack Obamas bei der US-Präsidentschaftswahl ist international begrüßt worden. Staats- und Regierungschefs aus aller Welt gratulierten dem 47-Jährigen zu seinem Sieg, darunter Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der britische Premier Gordon Brown und Russland Präsident Medwedew. Glückwünsche kamen auch aus Afghanistan, wo die USA gegen die radikalislamischen Taliban kämpfen. Die Regierung im Irak rechnete nach eigenen Angaben auch unter dem künftigen Präsidenten Obama nicht mit einem raschen Truppenabzug der USA.
Köhler gratulierte Obama per Telegramm: "Sie stehen vor großen Herausforderungen, für Ihr Land, aber auch für unsere Welt insgesamt", schrieb der Bundespräsident. Deutschland und die USA seien "durch gemeinsame Werte und Grundüberzeugungen" fest miteinander verbunden. Dies sei auch das Fundament für die enge transatlantische Zusammenarbeit. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, er habe Obama als einen Mann kennengelernt, "der Schwierigkeiten überwindet, der zusammenführt und der zuhören kann". Amerika habe den Wechsel gewählt, innen- wie außenpolitisch. "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung der USA".
Merkel sieht Chancen
Merkel betonte in einem Schreiben an Obama: "Die Welt steht zu Beginn Ihrer Amtszeit vor bedeutenden Herausforderungen. Ich bin überzeugt, dass wir in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Europa den neuartigen Gefahren und Risiken entschlossen begegnen und die vielfältigen Chancen, die sich in unserer globalen Welt eröffnen, gut nutzen werden." Die Bundesregierung sei sich stets "der Bedeutung und des Wertes der transatlantischen Partnerschaft für unsere gemeinsame Zukunft bewusst".
Unterschiede bleiben
Der Koordinator der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit im Bundestag, Karsten D. Voigt, sagte bei n-tv zu Obamas Sieg: "Das ist eine große Chance, um alten Problemen endlich neue Lösungen zuzuführen beim Klimaschutz, bei der Abrüstung, wo es endlich neuer Initiativen bedarf, und natürlich bei den auch komplizierten Fragen, wie den Beziehungen zu Russland, wo wir und die Amerikaner skeptisch sind über das, was sich in Russland tut, aber trotzdem für eine Kooperation sind."
Trotzdem würden Unterschiede bleiben. Im Gegensatz zu Europa sei etwa für die USA China das wichtigste Land. "Für uns ist Amerika der wichtigste Partner außerhalb der Europäischen Union. Aber östlich der Europäischen Union ist für uns Russland der wichtigste Partner. Und diese geostrategische Differenz prägt auch eine unterschiedliche Herangehensweise", sagte Voigt bei n-tv.
"Konstruktiver Dialog"
Medwedew beglückwünschte Obama mit einem Telegramm zum Sieg und bot ihm die Zusammenarbeit an. "Ich hoffe auf einen konstruktiven Dialog mit Ihnen auf Grundlage von Vertrauen und Rücksicht auf die gegenseitigen Interessen", hieß es in dem vom Kreml veröffentlichten Schreiben. "Die russisch-amerikanischen Beziehungen gelten traditionell als Faktor der Stabilität in der Welt. Sie haben eine große Bedeutung und manchmal eine Schlüsselrolle bei der Lösung vieler internationaler und regionaler Probleme", stellte Medwedew in dem Schreiben fest.
Bei der Zusammenarbeit beider Länder gebe es allerdings noch Potenzial. Bei seiner Rede an die Nation am Mittwoch hatte Medwedew den Ausgang der Wahl in den USA demonstrativ ausgespart. Er gab der scheidenden US-Regierung allerdings die Schuld an der weltweiten Finanzkrise sowie am Krieg im Südkaukasus.
"Brillanter Sieg"
Frankreichs Präsident Sarkozy beglückwünschte Obama in einem Schreiben zu seinem "brillanten Sieg". "Ihre Wahl weckt in Frankreich, in Europa und darüber hinaus in der Welt gewaltige Hoffnung", schrieb Sarkozy. Großbritanniens Premier Brown lobte Obamas "energiegeladene Politik, (...) seine fortschrittlichen Werte und seine Visionen für die Zukunft". EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso äußerte mit Blick auf die weltweite Finanzkrise die Hoffnung, dass sich die USA unter der Führung Obamas mit Europa verbünden würden.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat Obama im Namen der Vereinten Nationen zu seinem Wahlsieg gratuliert. Er freue sich auf eine neue Ära der Partnerschaft und auf einen neuen Multilateralismus, sagte der UN-Chef in New York. Zudem hoffe er auf gute Zusammenarbeit mit der neuen Regierung des US-Präsidenten der USA. Er gehe davon aus, dass der neue Präsident globale Probleme verstärkt durch Dialog lösen werde.
Auch der Irak und Afghanistan, beides Länder, in denen die USA derzeit militärisch im Einsatz sind, reagierten auf den anstehenden Einzug eines Demokraten ins Weiße Haus: Der Wahlsieg Obamas werde "keinen raschen amerikanischen Abzug mit sich bringen", sagte der irakische Außenminister Hoschjar Sebari in Bagdad. Er rechne diesbezüglich nicht mit einem "brüsken politischen Wandel" in den USA. Obama hatte im Wahlkampf angekündigt, die US-Truppen im Irak binnen eines Zeitraums von 16 Monaten weitgehend abzuziehen.
Neue Ära beginnt
Der afghanische Präsident Hamid Karsai erklärte, mit der Wahl Obamas beginne eine neue Ära. Die USA sind seit Ende 2001 mit der Regierung Karsai verbündet und haben rund 33.000 Soldaten in dem Land stationiert. Soldaten des größten US-Militärstützpunkts in Afghanistan erklärten, Obamas Sieg ändere nichts an ihrem Ziel, die Taliban zu besiegen. Dass so viele Menschen ihre Stimme abgegeben hätten, gebe ihm das Gefühl, "dass das, was ich hier mache, es wert ist", sagte Major Rory Aylward einem AFP-Journalisten.
Die syrische Regierung hofft derweil auf einen Neubeginn in ihren Beziehungen zu Washington. Informationsminister Mohsen Bilal sagte: "Wir wünschen uns, dass die amerikanische Außenpolitik künftig nicht mehr auf Kriege und Boykott setzt, sondern auf Diplomatie und Dialog." Die Arabische Liga hat Obama im Nahost-Konflikt zum Handeln aufgerufen. "Wir brauchen im Nahen Osten eine neue Herangehensweise", sagte Generalsekretär Amr Moussa in Brüssel.
Auch aus Asien kamen Reaktionen: Der chinesische Präsident Hu Jintao erklärte, er hoffe in "dieser neuen historischen Phase" auf die unermüdliche Stärkung des Dialogs und des gegenseitigen Vertrauens. Japans Regierungschef Taro Aso kündigte an, sich für eine Stärkung der Allianz zwischen den USA und seinem Land einzusetzen.
"Historische Gelegenheit"
Brasiliens Staatspräsident Luiz Incio Lula da Silva nannte Obamas Sieg ein "außergewöhnliches Ereignis" und einen Triumph der Demokratie. Er erwarte nun, so der linksgerichtete Staatschef, dass Obama "stärkere Beziehungen" zu Brasilien, zu ganz Lateinamerika und auch zu Afrika aufbaue. Der linksgerichtete US-Kritiker und bolivianische Präsident Evo Morales gratulierte zu einem "historischen Triumph". "Wir hoffen, dass sich unsere Beziehungen (zu den USA) künftig wieder verbessern", fügte der erste gewählte Indio-Präsident des südamerikanischen Landes hinzu.
Venezuelas linksnationalistischer Staatspräsident Hugo Chvez hat Obama zu dessen "historischer Wahl" zum US-Präsidenten gratuliert und einen "Wiederaufbau der Beziehungen" zwischen beiden Ländern vorgeschlagen. Es sei die Zeit gekommen, "neue Beziehungen zwischen unseren Ländern und mit unserer Region aufzubauen, auf Grundlage der Prinzipien des Respekts der Souveränität, der Gleichheit und der wahren Zusammenarbeit", teilte Chvez mit.
Papst Benedikt XVI. hat den Sieg Obamas als "historische Gelegenheit" gewürdigt. Nach Angaben des Vatikan-Sprechers Frederico Lombardi erteilte das Oberhaupt der katholischen Kirche dem Wahlsieger in einem Glückwunschschreiben seinen Segen.
Quelle: ntv.de