Nach Netanjahu-Rede Obama gibt sich erfreut
15.06.2009, 07:21 Uhr
Zugeständnis in Trippelschritten: Bislang hatte Netanjahu einen palästinensischen Staat abgelehnt.
(Foto: REUTERS)
Die Palästinenser sind empört: Israels Premier Netanjahu will ihnen zwar einen Staat zugestehen, doch voll Souveränität soll dieser nicht haben. US-Präsident Obama begrüßt Netanjahus Rede dennoch als "wichtigen Schritt vorwärts".
US-Präsident Barack Obama hat die Rede des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu als "wichtigen Schritt vorwärts" begrüßt. In einer außenpolitischen Grundsatzrede in der Bar-Ilan-Universität bei Tel Aviv hatte Netanjahu am Sonntag erstmals der Gründung eines Palästinenserstaates zugestimmt. Er hatte allerdings Bedingungen gestellt, die von den Palästinensern als unannehmbar angesehen werden.
Netanjahu sagte, ein palästinensischer Staat müsse entmilitarisiert sein und Israel müsse internationale Sicherheitsgarantien erhalten. Auch den von Obama geforderten vollständigen Baustopp in den jüdischen Siedlungen lehnte Netanjahu erneut ab. Er wolle keine neuen Siedlungen gründen, aber "man muss den Bewohnern der Siedlungen ein normales Leben ermöglichen".
Der Sprecher des Weißen Hauses sagte, eine Zwei-Staaten-Lösung könne und müsse nach Ansicht Obamas sowohl Israels Sicherheit gewährleisten wie auch die legitime Hoffnung der Palästinenser auf einen lebensfähigen Staat erfüllen. Obama begrüße "Ministerpräsident Netanjahus Billigung dieses Ziels". Der US-Präsident werde weiter mit allen Seiten - Israel, den Palästinensern, den arabischen Staaten und dem Nahost-Quartett - zusammenarbeiten, betonte der Sprecher weiter.
EU sieht "Schritt in die richtige Richtung"
Als "Schritt in die richtige Richtung" werteten die Außenminister der Europäischen Union die Netanjahu-Rede. "Ich denke, dass die Likud-Regierung förmlich die Zwei-Staaten-Lösung anerkannte, geht in die richtige Richtung", sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana. In ähnlicher Weise äußerten sich viele der Außenminister in Luxemburg zu Beginn von EU-Beratungen.
Der schwedische Außenminister Carl Bildt, dessen Land im Juli die EU-Ratspräsidentschaft von Tschechien übernimmt, sagte, die Tatsache, dass Netanjahu das Wort "Staat" geäußert habe, sei ein "kleiner Schritt nach vorn". Ob das, was er erwähnt habe, als Staat definiert werden könne, müsse erörtert werden.
Palästinenser empört

In der Frage der Siedlungspolitik ging Netanjahu nicht auf Forderungen von Obama ein. (Ein Israeli reißt in Jerusalem Plakate ab, auf denen Obama als "Antisemit" und "Judenhasser" diffamiert wird.)
(Foto: REUTERS)
Die Palästinenser reagierten dagegen ablehnend auf die Rede und warfen Netanjahu vor, er habe zentrale Streitpunkte, die in Verhandlungen geklärt werden sollten, bereits einseitig entschieden. "Netanjahu muss tausend Jahre warten, bis er einen Palästinenser findet, der einem solchen schwachen Staat zustimmt", sagte der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat.
Netanjahu rief die arabischen Staaten auf, den Weg des Friedens mitzubeschreiten. "Lasst uns keinen Krieg mehr kennen, sondern nur noch Frieden", sagte er. "Ich will keinen Krieg. Niemand in Israel will Krieg." Er sei bereit, sich mit jedem arabischen Führer zu jeder Zeit und an jedem Ort zu treffen.
Als Grundbedingung für die Beendigung des Nahost-Konflikts nannte Netanjahu eine Anerkennung Israels als jüdischen Staat. Jerusalem bleibe die unteilbare Hauptstadt Israels. Das palästinensische Flüchtlingsproblem müsse außerhalb der Grenzen des israelischen Staates gelöst werden. "Israel ist der Nationalstaat des jüdischen Volkes. Und das wird so bleiben", sagte Netanjahu. Bislang bestehen die Palästinenser auf ein Rückkehrrecht.
Antwort auf Obama
Netanjahus Rede erfolgte nur zehn Tage nach einer Grundsatzrede Obamas in Kairo. Bislang hatte Netanjahu einen Palästinenserstaat abgelehnt. Stattdessen wollte er den Palästinensern nur eine Selbstverwaltung zugestehen. Während der Rede in der national-religiösen Bar-Ilan-Universität sagte Netanjahu dann: "In meiner Vision leben zwei freie Völker Seite an Seite. Jedes hat seine eigene Flagge und seine eigene Hymne."
Auf Ablehnung stieß Netanjahus Rede nicht nur bei den Palästinensern, sondern auch bei den israelischen Siedlern in den Palästinensergebieten. Nachdem Netanjahu jahrelang erklärt habe, welche Gefahr selbst ein entmilitarisierter Palästinenserstaat für Israel darstelle, sei es bedauerlich, dass er nun seine Zustimmung zur Schaffung eines solchen Staates gegeben habe, erklärte der "Rat der Siedler in Judäa Samaria". Der Siedlerführer Pinchas Wallerstein verglich nach Angaben des israelischen Online-Dienstes "ynet" einen solchen Staat mit einem "Raubtier-Baby". "Wenn es noch klein ist, ist es süß, aber alle wissen, dass es später zu einem gefährlichen Raubtier wird."
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP