Politik

"Acht Jahre sind genug" Obama kämpft für Wandel

Mit einem scharfen Angriff auf die Bush-Ära hat der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama die heiße Phase im US-Wahlkampf eingeläutet. In seiner Nominierungsrede vor über 80.000 Anhängern in Denver warf er seinem republikanischen Rivalen John McCain vor, die Nöte und Sorgen der einfachen Bürger nicht zu verstehen. Obama versprach einen politischen und wirtschaftlichen Wandel nach acht Jahren unter Präsident George W. Bush. "Am 4. November müssen wir aufstehen und sagen: 'Acht sind genug'. Wir sind ein besseres Land als das hier", sagte Obama zum Abschluss des demokratischen Parteitags in der Nacht auf Freitag im Bundesstaat Colorado.

Obama griff McCain in seiner etwa einstündigen Rede in ungewöhnlicher Schärfe an und brachte ihn wiederholt mit Bush in Verbindung. "Senator McCain spricht gerne über Urteilsvermögen", sagte Obama. "Aber was sagt es über das Urteilsvermögen aus, wenn man glaubt, dass George W. Bush mehr als 90 Prozent der Zeit Recht hatte?" Dem Vietnam-Veteranen McCain hielt er entgegen, dass die Demokraten nicht weniger patriotisch seien als die Republikaner. "Ich habe Neuigkeiten für Sie, John McCain. Unser Land steht für uns alle an erster Stelle."

"Philosophie der Republikaner"

Seit zwei Jahrzehnten unterstütze McCain die "alte, diskreditierte Philosophie der Republikaner", nämlich den Reichen immer mehr zu geben, in der Hoffnung, alle anderen würden ebenfalls vom Wachstum profitieren. Diese Politik aber sei gescheitert. "Es ist Zeit, Amerika zu verändern!" - und das Versprechen Amerikas, den Amerikanischen Traum wiederzubeleben, der jedem faire Chancen eröffne. Obama kündigte an, 95 Prozent der amerikanischen Familien steuerlich entlasten zu wollen. Zugleich sollen "Steuerschlupflöcher" gestopft und Steuervergünstigungen für Konzerne und die Reichen gestrichen werden.

Zu Beginn seine Rede nahm Obama formell die Nominierung der Demokraten an. "Mit tiefer Dankbarkeit und großer Demut akzeptiere ich die Nominierung für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten", waren seine ersten Worte der 46-minütigen Grundsatzrede. Die USA befänden sich in einem "entscheidenden Moment unserer Geschichte." Wirtschaftskrise und die Belastungen des Krieges im Irak setzten dem Land zu und seien zum großen Teil Resultat der "gescheiterten Politik von George W. Bush".

Rivale gratuliert

Sein republikanischer Rivale gratulierte Obama zu seiner Nominierung. "Zu oft bleiben die Leistungen unserer Gegner unbemerkt", erklärte McCain in einem Fernsehspot. "Also wollte ich inne halten und sagen: Gratulation." Morgen werde man wieder gegeneinander Wahlkampf führen, sagte der Senator aus Arizona zu seinem Kollegen aus Illinois. "Aber heute Nacht, Senator - das war gute Arbeit."

Obama ist damit der erste Schwarze in der Geschichte der USA, der von einer großen Partei in das Rennen um das Weiße Haus geschickt wird. Der Sohn eines schwarzen Vaters aus Kenia und einer weißen Mutter aus Kansas sprach auf den Tag 45 Jahre nachdem der Friedensnobelpreisträger Martin Luther King seine "I have a dream"-Rede hielt. Diese gilt als Schlüsselmoment der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Der Parteitag der Republikaner beginnt am Montag. Der 47-jährige Obama und McCain, der am heutigen Freitag 72 Jahre wird, lagen in jüngsten Umfragen faktisch gleichauf.

Rede unter freiem Himmel

Der Senator hielt die Rede nicht vor dem Parteitag, sondern unter freiem Himmel im Football-Stadion von Denver, wo normalerweise die Denver Broncos ihre Heimspiele austragen. Vor Obama sprach der frühere Vize-Präsident Al Gore. Die Musik-Stars Stevie Wonder und Sheryl Crow begleiteten die Feiern, die mit einem Feuerwerk und Konfetti-Regen endeten.

Zu dem Krieg im Irak sagte Obama, als Präsident werde er ihn "verantwortungsvoll zu Ende bringen". Zum wiederholten Mal betonte er aber, dass er den Krieg gegen den Irak von Anfang an abgelehnt habe und dass der Krieg in Afghanistan wichtiger sei. "John McCain sagt, dass er bin Laden bis zu den Pforten der Hölle verfolgen werde. Aber er verfolgt ihn nicht einmal bis in die Höhle, in der er lebt." Zweifel an seiner militärischen Entschlossenheit versucht er zu zerstreuen. Als Präsident und Oberbefehlshaber werde er niemals zögern, "dieses Land zu verteidigen". Aber er werde Soldaten nur mit einer "klaren Mission" in die Gefahr schicken, "mit dem heiligen Schwur, ihnen die Ausrüstung zu geben, die sie in der Schlacht brauchen, sowie die Versorgung und Unterstützung, die sie verdienen, wenn sie heimkehren".

Er werde den "Kampf gegen Al Kaida und die Taliban in Afghanistan zu Ende führen", sagt Obama. Einen konkreten Zeitpunkt für einen Rückzug der US-Truppen nennt er nicht. Noch vor einigen Wochen hatte Obama versprochen, die US-Truppen innerhalb von 16 Monaten aus dem Irak abzuziehen. Im Atomkonflikt mit dem Iran werde er im Falle seines Wahlsiegs das Mittel einer "harten, direkten Diplomatie" anwenden, um Teheran "daran zu hindern, Atomwaffen zu bekommen".

"Neue Partnerschaften"

"Ich werde neue Partnerschaften bauen, um die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts zu besiegen." Zu den Bedrohungen zählte Obama den internationalen Terrorismus, die Weitergabe von Atomwaffen, Armut und Völkermord sowie den Klimawandel. Zugleich wolle er "das moralische Ansehen" Amerikas in der Welt verbessern.

Obama kündigte zudem ein Ende der Abhängigkeit vom Öl aus Nahost innerhalb von zehn Jahren und ein 150-Milliarden-Dollar-Programm für erneuerbare Energien. Allerdings sei auch das amerikanische Volk gefordert, wenn es zum Beispiel um die Erziehung der Kinder gehe. "Die Regierung kann nicht den Fernseher ausschalten." Auch müssten die Väter mehr Verantwortung übernehmen.

Überparteilichkeit

Die letzten zehn Minuten seiner Rede verwendet Obama darauf zu illustrieren, was er mit Überparteilichkeit meint. Er freue sich darauf, in den kommenden Wochen mit John McCain zu debattieren. Aber er werde nicht McCains Charakter und Patriotismus infrage stellen. "Lasst uns darin übereinstimmen, dass Patriotismus keine Partei hat."

Die Zeit bis zu Obamas Rede war mit politischen Reden, aber auch Musik überbrückt worden. Auftritte hatten unter anderem der frühere Vizepräsident und Friedensnobelpreisträger Al Gore sowie die Musiker Sheryl Crow und Stevie Wonder. Will.i.am sang das Stück "Yes We Can", dessen Text einer Obama-Rede folgt.

"Ich glaube an Recycling, aber das ist lächerlich"

Gore hielt eine engagierte Rede, in deren Mittelpunkt er den Kampf gegen den Klimawandel stellte. Mehrfach kokettierte Gore mit seiner Wahlniederlage aus dem Jahr 2000. Diese Wahl habe gezeigt, dass es durchaus einen Unterschied mache, wer im Weißen Haus sitze. Ohne Bush hätten die USA die Urheber der Anschläge vom 11. September verfolgt und nicht den Irak angegriffen. Ohne Bush hätten die USA den Klimawandel bekämpft statt ihn zu leugnen. Gore würdigte McCains Verdienste. Im Wahlkampf sei McCain jedoch auf Bushs Linie eingeschwenkt. "Ich glaube an Recycling, aber das ist lächerlich."

Die Beendigung der Abhängigkeit vom Öl sei nicht nur klimapolitisch wichtig, sondern auch wesentlich für die Beseitigung der US-Wirtschaftskrise und liege im Interesse der Sicherheitsbedürfnisse der USA. "Wir borgen uns Geld aus China, um Öl zu kaufen im Persischen Golf, das wir dann in einer Weise verbrennen, die die Zukunft der menschlichen Zivilisation zerstört", sagte Gore.

Quelle: ntv.de

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