Politik

1,9 Milliarden verschwendet Ohrenhaare für die Reinigung

Der Bundesrechnungshof hat den Bundesbehörden Verschwendung von 1,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr vorgeworfen. Die Kritik reicht von unnötigen Steuerprivilegien über ineffiziente Verwaltungsstrukturen oder Doppelarbeit von Behörden bis hin zu Fehlinvestitionen etwa beim Bau von Verwaltungsgebäuden. Dabei bestehe - trotz erfreulicher Entwicklung der Steuereinnahmen - "kein Anlass, für die Lage der Bundesfinanzen Entwarnung zu geben", sagte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels bei der Vorstellung der "Bemerkungen 2007".

Engels forderte die Bundesverwaltung auf, ihrer Verpflichtung zum sparsamen und sorgfältigen Umgang mit den Mittel der Steuerzahler nachzukommen. Das bedeute auch, die Steueraufsicht bei Schwarzarbeit, Geldwäsche oder verborgenem Internethandel gewissenhafter durchzuführen.

Engels fordert Schuldenbremse

Die Verbindlichkeiten des Bundes seien auch in diesem Jahr gestiegen - und zwar auf 930 Milliarden Euro. Ein Steuerprivileg für Reeder, die 40 Prozent der Lohnsteuer ihrer Seeleute einbehalten können, sei da nicht nachzuvollziehen. Zugleich appellierte Engels an die Föderalismuskommission, im Grundgesetz eine Schuldenbremse einzubauen. Orientieren sollte sie sich an den Stabilitätskriterien von Maastricht. Sollten sich Bund und Länder nicht einigen können, sollte wenigstens der Bund eine Bremse einbauen.

Bundeswehr kauft Ohrenhaare

Laut Engels hat seine Behörde ein besonderes Augenmerk auf die Bundeswehr. Hier werde viel Geld umgesetzt. Unter anderem haben die Rechnungsprüfer eine Zielsimulationshalle aufs Korn genommen. Dafür habe die Bundeswehr bisher 16 Millionen Euro ausgegeben. Seit 2004 stehe die Halle zur Verfügung, sie könne aber nicht genutzt werden, weil die Projektionswand, auf der mit Lasern wirklichkeitsnahe Szenen dargestellt werden sollen, "durch ölhaltige Ablagerungen verschmutzt" sei. Für die Reinigung sei eine spezielle Anlage für eine Million Euro eingerichtet worden, die "mit Ohrenhaaren südamerikanischer Rinder bestückt" sei. Es half nichts und auch ein geplanter Anbau für 2,4 Millionen Euro wird den Angaben zufolge wohl nichts nutzen.

Kritik-Schwerpunkt ist auch die Verkehrsinfrastruktur. Planung und Bau der "Verkehrsbeeinflussungsanlagen" auf Autobahnen etwa obliege den Ländern, der Bund bezahle. Und wie das eben sei, "wenn der eine die Musik bestellt und der andere sie bezahlen muss", meinte Engels: "Die Anlagen geraten zu teuer, weil die Straßenbauverwaltungen der Länder bei der Planung über das Ziel hinausschießen."

Energie wird nicht gespart

Anlass zur Kritik gebe immer wieder auch der Bau von Verwaltungsgebäuden. So plane die Deutsche Rentenversicherung Bund in der Nähe ihres Hauptsitzes in Berlin zwei Verwaltungsgebäude für 180 Millionen Euro - mit einem überdimensionierten Raumangebot. Ein Drittel könnte nach Berechnungen seines Hauses eingespart werden, sagte Engels. Grundsätzlich habe er auch erhebliche Zweifel, ob die Bundesbehörden nach energiesparenden Gesichtspunkten bauten. Er kenne keine zentrale Stelle, die sich solcher Fragen annähme. Der Staat verlange aber vom Bürger sehr viel bei der Energiereduzierung. "Wenn er das verlangt, muss er auch mit gutem Beispiel vorangehen."

Der Bundesrechnungshof hat nach den Worten von Engels im Jahr etwa 1.000 bis 1.100 Prüfverfahren. In seinem "Bemerkungen 2007 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes" weist er rund 100 aus. Die ausgewiesene Verschwendung des Bundes lag laut Rechnungshof in den vergangenen Jahren in etwa zwischen 2 und 3 Milliarden Euro. Engels konnte auch für 2006 keine signifikante Änderung feststellen. "Aus diesen Einzelfällen auf die Gesamtleistung der Bundesverwaltung zu schließen, wäre indes unfair und falsch", fügte er hinzu. Im Übrigen schneide die Bundesverwaltung im internationalen Vergleich gar nicht schlecht ab. Und lernfähig sei sie auch: 40 Prozent der im Jahresbericht aufgeführten Fälle hätten Beachtung gefunden.

Quelle: ntv.de

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