Politik

Die Affäre Sarrazin Opposition gegen Wulffs Eingreifen

Thilo Sarrazin geht.

Thilo Sarrazin geht.

(Foto: dpa)

Es war nichts anderes als ein "Deal", sagt SPD-Chef Gabriel und kritisiert die Pensionsvereinbarung zwischen der Bundesbank und Sarrazin. So sei man den umstrittenen Vorstand losgeworden und habe Bundespräsident Wulff gerettet. Dieser habe sich "völlig zu Unrecht in die Entlassung Sarrazins" eingeschaltet.

Die Opposition hat die Vermittlungsaktion des Bundespräsidialamtes im Streit zwischen Thilo Sarrazin und der Bundesbank scharf verurteilt. SPD und Linke warfen Bundespräsident Christian Wulff vor, seine Neutralität verletzt zu haben. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast attackierte die Spitze der Notenbank.

"Die Bundesbank hat doch nichts anderes als einen Deal gemacht, um den Bundespräsidenten zu retten und Herrn Sarrazin trotzdem los zu werden", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der "Bild am Sonntag". Wulff habe sich "völlig zu Unrecht" in die Gespräche eingeschaltet, statt den Abberufungsantrag der Bank neutral zu prüfen und Sarrazin gegebenenfalls zu entlassen.

Neutralität verletzt? Wulff muss sich Kritik an seiner Politik gefallen lassen.

Neutralität verletzt? Wulff muss sich Kritik an seiner Politik gefallen lassen.

(Foto: dapd)

"Sarrazin wird durch Hetze reich und erhält dafür offenbar sogar noch Amtshilfe aus dem Bundespräsidialamt", kommentierte die stellvertretende Linke- Vorsitzende Katja Kipping. "Das ist ein goldener Handschlag auf Raten."

Kritik auch an Bundesbank

Künast vertrat die Ansicht, der Vorstand der Bundesbank habe sich auf Kosten der Allgemeinheit vor einer klaren Positionierung gedrückt. "Dieser Deal wird immer ein Makel für die Bundesbank und gesellschaftlich ein schlechtes Vorbild bleiben", sagte die Fraktionschefin der Grünen. Auch Gabriel kritisierte die Vereinbarung zwischen der Bundesbank und Sarrazin. "Jetzt zahlt die Bundesbank Herrn Sarrazin vermutlich viel Geld dafür, dass er geht. Wir kennen diese Methoden ja aus der Privatwirtschaft. Das macht sie deshalb aber nicht besser."

Einem Bericht des Magazins "Spiegel" zufolge erhält der wegen seiner Äußerungen zur angeblich mangelnden Integrationsfähigkeit von Migrantengruppen und weiteren provokanten Äußerungen in die Kritik geraten Sarrazin, der SPD-Mitglied ist, nach der gütlichen Einigung mit der Bundesbank eine . Dabei soll es um 1000 Euro mehr pro Monat gehen. In die Verhandlungen soll sich demnach auch das Bundespräsidialamt eingeschaltet haben.

SPD darf sich "nicht wegducken"

SPD-Chef Gabriel ist Sarrazin noch nicht los - seine Partei muss noch entscheiden.

SPD-Chef Gabriel ist Sarrazin noch nicht los - seine Partei muss noch entscheiden.

(Foto: dpa)

Zunächst hatte die Bundesbank Sarrazins Entlassung durch Wulff beantragt, zog diesen Antrag aber zurück, nachdem Sarrazin selbst seinen Rücktritt einreichte. In einer erneuten Kritik an Wulff sagte Gabriel, dieser habe sich "völlig zu Unrecht in die Entlassung Sarrazins" eingeschaltet. Wulff hätte den Abberufungsantrag der Bank gegen Sarrazin neutral prüfen und die Entlassung gegebenenfalls vollziehen müssen. Er hatte die Bank aber bereits vor deren Abberufungsantrag gedrängt, Schaden von Deutschland wegen der Diskussion um Sarrazin abzuwenden.

Der SPD-Vorsitzende bekräftigte in der "BamS" die Absicht der SPD, Sarrazin aus der Partei auszuschließen. Wenn es um Grundsatzfragen ginge, könne sich die SPD "nicht einfach wegducken". Freiheit, Demokratie und Aufklärung müsse man verteidigen. Sarrazin verteidige Theorien einer staatlich gelenkten Vererbungspolitik, deren "Perversion" in Deutschland "nach Auschwitz" geführt habe. Gabriel betonte aber, in einem möglichen Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin würden auch dessen Verdienste berücksichtigt.

Zugleich räumte Gabriel allerdings ein, dass auch er Mängel in der Integrationspolitik sehe. In zahlreichen Migrantenfamilien gebe es zu wenig Anstrengungs- und Leistungsbereitschaft. "Und es ist auch ein Skandal, dass wir Hassprediger nicht aus dem Land schmeißen, wenn sie in den Moscheen ihre Tiraden halten." Gabriel warnte in diesem Zusammenhang vor einem Zurückweichen des Staates vor Gewalt in Vierteln mit hohem Ausländeranteil. Eine Lösung für die Probleme in der Integrationspolitik sieht der SPD-Chef in einer besseren Bildung. So müssten die Kindertagesstätten zu Familienbildungsstätten in den sozialen Brennpunkten werden. Zudem sollte der Staat Integrationsprobleme künftig statistisch erfassen. Damit würde sich die Politik selbst unter Handlungsdruck setzen, eine Besserung zu erreichen.

Quelle: ntv.de, AFP/rts

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