Zweifel an stärkerem militärischem Engagement Opposition stellt Gaucks Forderung in Frage
01.02.2014, 21:15 Uhr
Ein "Leopard 2 A6" bei einem Manöver auf dem Truppenübungsplatz Altmark.
(Foto: dpa)
Der Bundespräsident plädiert auf der Münchner Sicherheitskonferenz für eine stärkere Rolle Deutschlands in der Welt. Joachim Gaucks Hauruck-Rede erntet allerdings lagerübergreifende Kritik: Nicht nur Grüne und Linke stimmt der Vorstoß nachdenklich.
Grünen und Linkspartei haben davor gewarnt, den Weg für mehr militärisches Engagement Deutschlands zu ebnen. Nachdenkliche Stimmen kamen auch von Abgeordneten der SPD und CDU.
Die Grünen äußerten sich noch nicht klar dazu, ob sie ausgeweitete Einsätze der Bundeswehr unterstützen würden. Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagte allerdings bei n-tv.de: "Deutschlands Stärke darf keine militärische sein. An erster Stelle müssen stets Diplomatie, zivile Krisenbewältigung und Entwicklungshilfe stehen. Hier kann Deutschland seine Stärke einbringen. Mehr Engagement heißt nicht automatisch mehr militärische Aktion. Militärische Einsätze müssen immer letztes Mittel sein."
Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping sagte der "Berliner Zeitung": "Die Kultur der militärischen Zurückhaltung gehört zum Gründungskonsens der Bundesrepublik. Wer das angreift, will eine andere Republik." Die jüngste Rede von Bundespräsident Joachim Gauck dazu sei ein "präsidialer Griff in die Mottenkiste".
Gauck hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz mehr Einsatz Deutschlands bei der weltweiten Krisenbewältigung gefordert. In sein Plädoyer für eine stärkere Rolle im Rahmen von EU und Nato schloss Gauck militärisches Engagement ein. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte betont, Gleichgültigkeit sei keine Option. Außenminister Frank-Walter Steinmeier bekräftigte die Bereitschaft Deutschlands zu einer stärkeren Rolle bei der Bewältigung von Krisen weltweit.
"Eine Politik des Engagements"
Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, hält mehr Engagement für geboten. In Ausnahmefällen gelte das auch für militärisches Engagement, sagte er der "B.Z. am Sonntag". "Aber wir sollten ausländisches Engagement nicht gleich mit Kampfeinsätzen der Bundeswehr in Verbindung bringen." Staaten könnten gestärkt werden in den verschiedensten Bereichen - von Demokratie über Technologie bis hin zu Umweltschutz und Verwaltung. Vieles sei im Fluss. "Insofern halte ich Zurückhaltung nicht für ein sinnvolles Prinzip. Ich spreche lieber von einer Politik des Engagements."
Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler sagte im SWR, er bedauere, dass die Frage des internationalen Engagements zu oft auf militärisches Engagement reduziert werde. Dabei sei es typisch für die deutsche und europäische Außenpolitik in den letzten 15 Jahren, "dass wir uns Fähigkeiten auch bei der zivilen Krisenbewältigung zugelegt haben". Es gebe aber Fälle, in denen man mit militärischem Engagement nicht zögern dürfe, wenn es etwa um den Schutz und die Rettung von Menschen oder die Verhinderung von Katastrophen gehe.
Philipp Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte im NDR, er lege es nicht auf mehr Bundeswehreinsätze in Zukunft an. Er lehne Bundeswehreinsätze im Ausland nicht ab. "Für mich ist es aber das äußerste Mittel in der Politik."
Fotios Amanatides, Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl, kritisierte: "Hier wird freimütig eine neue deutsche Großmachtpolitik erklärt, die die große Koalition mit ihrer verfassungsändernden Mehrheit verfolgen will."
Quelle: ntv.de, jve/dpa