Ein "Nicht-Ereignis" in Frankreich Opposition warnt Sarkozy
15.11.2010, 10:17 UhrFrankreich hat eine neue Regierung. Oder doch nicht? "Nichts ändert sich, damit sich nichts ändert" - die Opposition kritisiert die Regierungsumbildung von Präsident Sarkozy scharf. Und sie warnt: Der wahre Wandel wird kommen, spätestens bei der nächsten Wahl 2012. Sarkozy will sich in einem Live-Interview rechtfertigen.

Verkündung der Kabinettsumbildung vor dem Elysée-Palast. Sarkozy ließ Premierminister Fillon im Amt.
(Foto: dpa)
Die Opposition in Frankreich hat die von Staatschef Nicolas Sarkozy vorgenommene als vollkommen unzulänglich kritisiert. "Das ist keine Regierungsumbildung, um die Politik für die Franzosen zu ändern", sagte die Chefin der Sozialistischen Partei, Martine Aubry. Sarkozy habe die Forderungen der Bürger ignoriert, die ungeduldig auf "ein gerechteres und solidarischeres Frankreich" warteten. Stattdessen sei es dem konservativen Staatschef darum gegangen, seine Seilschaften zu pflegen und die Macht der Regierungspartei UMP auszubauen.
Mit der Entscheidung, François Fillon im Amt des Premierministers zu belassen, habe Sarkozy den Franzosen einen "abschlägigen Bescheid" ausgestellt, kritisierte Aubry. Sie warnte den Präsidenten, dass die Wähler ihn bei der nächsten Präsidentschaftswahl für sein Vorgehen abstrafen würden: "Der wahre Wandel wird durch ihre Stimmabgabe 2012 kommen."
"Viel Lärm um nichts"
Auch der Chef der Kommunisten, Pierre Laurent, erklärte, Sarkozy sei nicht auf die "Erwartungen des Volkes" eingegangen und habe kaum etwas an seiner Regierungsmannschaft verändert. "Man nimmt die selben und fängt wieder von vorne an", kritisierte Laurent.
In einer Erklärung der Grünen hieß es zu der Regierungsumbildung: "Viel Lärm um nichts." Grünen-Chefin Cécile Duflot kritisierte: "Zwei Drittel der Minister dieser Regierung waren es schon vorher, der Premierminister wurde erneut ernannt, kurz und gut: Nichts ändert sich, damit sich nichts ändert."
Die Vize-Chefin der rechtsradikalen Partei Front National, Marine Le Pen, erklärte, die Regierungsumbildung sei ein "Nicht-Ereignis für das französische Volk". Mit derart wenigen Veränderungen könne Sarkozy keine neue Dynamik für die letzten Jahre seiner Amtszeit erzeugen.
Kritik erntete der Präsident auch aus dem eigenen Lager. Der bisherige Verteidigungsminister Hervé Morin, der aus dem Kabinett ausschied, erklärte, die neue Regierung sei ein "Wahlkampfteam". "Frankreich braucht Pluralismus und Demokratie braucht Ausgewogenheit", fügte Morin hinzu. Da Sarkozy dieser Ansicht in den vergangenen Monaten widersprochen habe, sehe er für sich selbst keinen Platz mehr im Kabinett.
"Professionalität und Haltbarkeit"
Die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde hat hingegen die Kritik der Opposition an der neuen Regierung zurückgewiesen. "Man ist zum Gebot der Professionalität und der Haltbarkeit zurückgekehrt", sagte Lagarde im Radiosender France Info. Die neue Regierung werde ihre Schwerpunkte bei der Beschäftigung, der Gesundheit und der Sicherheit setzen, fügte Lagarde hinzu. Das neue Kabinett sei "total revolutionär".
Die 54-Jährige, die auch für das Außenministerium gehandelt worden war, behält ihren Posten im Kabinett. Sie spielt eine zentrale Rolle während der französischen G-20-Präsidentschaft, die am Freitag begann.
Sarkozy rechtfertigt sich im TV
In einem Live-Interview will der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstagabend seinen Landsleuten die jüngste Regierungsumbildung erläutern. Das anderthalbstündige Interview werde von allen wichtigen Fernsehstationen gesendet, erklärte sein Büro.
Er wolle sich dabei unter anderem zu seinen Motiven äußern, seinen bisherigen Premierminister François Fillon (56) erneut mit der Regierungsbildung zu betrauen. Zudem werde es um die Schwerpunkte des neuen Kabinetts gehen.
Quelle: ntv.de, fma/AFP/dpa