Neuer Leistungsvergleich Ostdeutsche Schüler liegen vorn
11.10.2013, 06:48 Uhr
In Ostdeutschland wird schon lange Wert auf Naturwissenschaften gelegt.
(Foto: picture alliance / dpa)
In welchem Bundesland lernen Schüler am meisten? Bisher waren bei Schulrankings gewöhnlich die süddeutschen Bundesländer die Spitzenreiter. Doch das scheint der Vergangenheit anzugehören. Die Kultusminister kündigen Konsequenzen an.
Ostdeutsche Schüler sind in Mathematik und Naturwissenschaften weitaus leistungsstärker als die meisten ihrer westdeutschen Altersgenossen. Das geht aus dem neuen Schulleistungsvergleich der Bundesländer hervor.
Danach erzielen im Westen durchgängig nur Bayern und Rheinland-Pfalz Leistungswerte, die statistisch bedeutsam über dem Bundesdurchschnitt liegen - im Einzelfall auch Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Im Osten sind es alle Bundesländer.
In Mathematik ist Sachsen absoluter Spitzenreiter mit 536 Punkten, gefolgt von Thüringen (521) und Brandenburg (518). Schlusslicht ist Bremen mit 471 Punkten. Ein Unterschied von 25 bis 30 Punkten entspricht in etwa dem Lernfortschritt eines Schuljahres. Sächsische Schüler der 9. Klasse sind damit ihren Bremer Altersgenossen rund zwei Schuljahre voraus. Ähnlich große Leistungsunterschiede gibt es auch in der Physik. Zwischen Spitzenreiter Sachsen und dem Schlusslicht Nordrhein-Westfalen beträgt der Lernabstand ebenfalls rund zwei Jahre.
Mitarbeiter des ländereigenen Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Berliner Humboldt-Universität hatten dafür im Mai und Juni 2012 mehr als 1300 Schulen im gesamten Bundesgebiet besucht. Über 44.000 Schüler aus den neunten Klassen aller Schulformen beteiligten sich an den Tests. Außerdem wurden auch Interviews mit Schülern, Fachlehrern und Schulleitern zur Lernsituation gemacht.
Herkunft entscheidet noch immer
Die Studie belegt erneut die extrem hohe Abhängigkeit von Schulerfolg und sozialer Herkunft in Deutschland. Bundesweit erreichen laut den Ergebnissen Schüler aus sozial besser gestellten Familien in Mathematik im Durchschnitt 82 Punkte mehr als Jugendliche aus sozial schwächer gestellten Familien. "Dies entspricht einem Leistungsvorsprung von fast drei Schuljahren zugunsten der Schülerinnen und Schüler mit einem hohen Sozialstatus", schreiben die Wissenschaftler in ihrer Auswertung.
Bei der Förderung von Kindern aus bildungsfernen Schichten tun sich in den Naturwissenschaften besonders Rheinland-Pfalz (Physik) und Sachsen (Biologie) hervor, während die Abhängigkeit von Herkunft und Schulerfolg in diesen Fächern besonders in Hamburg überdeutlich wird. In Mathematik werden die Leistungsunterschiede zwischen Kindern aus Akademikerfamilien und bildungsferneren Schichten besonders in Brandenburg deutlich.
In Mathematik wurden diesmal sechs Kompetenzformen aus dem gesamten Spektrum mathematischen Arbeitens untersucht, wie "Probleme mathematisch lösen" aber auch "Raum und Form" sowie "Daten und Zufall". In Biologie, Chemie und Physik ging es vor allem um Grundbildung, aber auch um fachübergreifendes Problemlösen.
Basis für die Aufgaben waren die von den Kultusministern für alle Bundesländer verbindlich eingeführten Bildungsstandards. Sie beschreiben, was ein Schüler am Ende einer Jahrgangsstufe können soll und gelten für Lehrer als pädagogische Zielvorgabe. Damit wurden die alten, in den Bundesländern unterschiedlichen Lehrpläne an den Schulen abgelöst.
Ausbildung soll verbessert werden
Als Konsequenz aus der Schulleistungsstudie wollen die Bundesländer die Aus- und Weiterbildung von Fachlehrern für Mathematik und Naturwissenschaften deutlich verbessern. Das kündigte der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), Stephan Dorgerloh, an.
Der Schulforscher Hans Anand Pant verwies darauf, dass Mathematik und Naturwissenschaften schon zu DDR-Zeiten in den Schulen mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht worden sei. Auch heute noch würden an den ostdeutschen Schulen in diesen Fächern mehr Unterrichtsstunden erteilt als im Westen. Der Großteil der heute in den neuen Ländern unterrichtenden Mathe-Lehrer ist noch zu DDR-Zeiten ausgebildet worden.
"Wir hatten vor allem eine praxisnahe Ausbildung mit vielen Praktika und Einsatz in der Schule", sagte Sachsens Kultusministerin Brunhild Kurth, die selbst 13 Jahre als Chemielehrerin in der DDR gearbeitet hat.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa