Offensive fortgesetzt Pakistan vor Katastrophe
12.05.2009, 18:22 UhrPakistanische Regierungstruppen haben die Offensive gegen die radikal-islamischen Taliban im Swat-Tal fortgesetzt und dabei zahlreiche Aufständische getötet. Wie Armeesprecher Athar Abbas mitteilte, griffen Sondereinheiten des Militärs ein Trainingslager der Taliban in der Region Peuchar im Nordwesten des Landes an.
Bei dem Angriff seien den Extremisten "schwere Verluste" zugefügt worden, hieß es. Einzelheiten nannte Abbas nicht. Bei Gefechten in anderen Teilen des Distrikts Swat kamen den Angaben zufolge vier Aufständische und vier Soldaten ums Leben. Die Armee hatte vor einer Woche eine neue Offensive gegen die Taliban begonnen. Militär- und Geheimdienstexperten zweifeln am Erfolg der Strategie. Erfolge seien nur kurzfristig möglich; auf lange Sicht erhöhe sich aber die Gefahr von Anschlägen im noch ruhigen Osten Pakistans.
UNHCR kündigt Luftbrücke für Pakistan an
Angesichts der schweren Kämpfe sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) mehr als eine halbe Million Menschen auf der Flucht. Das Militär sprach von 800.000 neuen Flüchtlingen durch die jüngsten Kämpfe; die Zahl der Vertriebenen habe sich seinen Angaben zufolge somit auf insgesamt 1,3 Millionen erhöht. Das UN-Flüchtlingshilfswerk kündigte an, eine Luftbrücke zur Versorgung der Flüchtlinge einzurichten. Eine Frachtmaschine soll von Dubai aus 120 Tonnen Hilfsgüter in die Krisenregion bringen.
Wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) mitteilte, wurden bei den jüngsten Kämpfen auch Zivilisten getötet. Sie seien sowohl von Rebellen umgebracht worden als auch bei Luftangriffen der Armee ums Leben gekommen. Flüchtlinge hätten Mitarbeitern berichtet, dass Zivilisten im Swat-Tal von den Taliban als "menschliche Schutzschilde" missbraucht würden. Zudem hätten die Rebellen das Gebiet vermint, um Zivilisten an der Flucht zu hindern. Das HRW warnte vor der größten Flüchtlingskrise des Landes seit einem halben Jahrhundert.
Islamabad: Brauchen dringend internationale Hilfe
Auch Regierungssprecher Ishfaq Gondal nannte die Massenflucht aus dem Krisengebiet eine "gewaltige humanitäre Krise". "Wir versuchen, damit fertig zu werden, doch wir benötigen dringend internationale Hilfe." In Islamabad stellten die Botschafter der Vereinigten Staaten und Großbritanniens Soforthilfen in Höhe von umgerechnet 14 Millionen Euro in Aussicht. Deutschland hatte bereits zugesagt, drei Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung zu stellen. Das Welternährungsprogramm (WFP) gab bekannt, sein Notprogramm für Pakistan zu verdoppeln. Den Angaben zufolge hat das WFP inzwischen bereits 650.000 Menschen mit Notrationen versorgt.
Im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan wurden unterdessen bei einem neuen mutmaßlichen Raketenangriff des US-Militärs mindestens acht Menschen getötet. Wie der Sender Aaj TV unter Berufung auf Augenzeugen berichtete, schlugen mehrere Raketen in ein Gebäude ein, das Islamisten als Stützpunkt gedient haben soll. Den Angaben zufolge soll es sich bei den Opfern um Aufständische handeln. Örtliche Behörden bestätigten den Angriff, machten jedoch keine Angaben zur Identität der Toten. Seit Mitte 2008 haben US-Streitkräfte Dutzende Luftschläge gegen Verstecke der Extremisten auf pakistanischem Staatsgebiet geführt. Meist werden dabei Drohnen - unbemannte Flugzeuge - eingesetzt.
Quelle: ntv.de, Reuters / AFP / dpa