Politik

Benzin und Bargeld Mangelware Palästinenser halten still

Während in Ägypten die Massen demonstrieren, bleibt die Lage in den Palästinensergebieten relativ ruhig. Neben leisen Protesten machen sich die Unruhen des Nachbarlandes vor allem durch Benzinknappheit bemerkbar. Durch die Schmugglertunnel kommen kaum noch Waren.

Protest in Gaza.

Protest in Gaza.

(Foto: AP)

Die Revolten in mehreren arabischen Ländern haben bisher nur geringfügig auf die palästinensischen Gebiete im Westjordanland und im Gazastreifen abgefärbt.

In Ramallah löste die Polizei der Autonomiebehörde eine Demonstration vor der ägyptischen Botschaft mit Gewalt auf und verhaftete mehrere Personen. Im Stadtzentrum zerstreute sich eine Solidaritätsdemonstration "für das ägyptische Volk" zügig, nur etwa 30 Personen waren gekommen. Die Nachrichtenagentur Maan berichtete, dass zur Demonstration über Facebook aufgerufen worden sei. Zuvor hätten Fatah-Aktivisten Ramallah für Mubarak demonstriert und den Oppositionsführer Mohammed el-Baradei als "CIA-Agenten" beschimpft.

Im Gazastreifen löste die Polizei der Hamas eine kleine Kundgebung von Befürwortern des Aufstandes gegen Mubarak auf, sechs Frauen und zwei Männer wurden verhaftet. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte die Hamas-Behörde wegen ihrer "willkürlichen Einmischung in friedliche Demonstrationen". Ähnlich wie Israel schweigt die Autonomieregierung des Mahmoud Abbas zu den Revolten in der Nachbarschaft. Ägypten möge die Unruhen "überwinden", sagte ein Sprecher in Ramallah schlicht.

Auch in den palästinensischen Gebieten hört man vereinzelt Kritik am eigenen diktatorischen Regime. Der Aktivist Omar Barghouti schickte eine E-Mail an die Agentur Maan: "Fatah und Hamas können sich auf fast nichts einigen. Aber der Kern eines gemeinsamen Nenners liegt in der Unterdrückung jeglichen Ungehorsams und der Freiheit." Unter der Hand beklagen palästinensische Journalisten mangelnde Pressefreiheit. Die Geheimdienste stünden dem "Machabarat" in Jordanien und Ägypten in nichts nach. Immer wieder höre man von Folter in palästinensischen Gefängnissen.

"Gaza ist die Revolution an sich"

Tawfiq At-Tirawi, ehemaliger Geheimdienstchef der Autonomiebehörde und Mitglied des ZK der Fatah, nahm den Aufstand in Ägypten zum Anlass, um zur Revolte gegen die Hamas-Regierung aufzurufen: "Das Volk von Gaza sollte es Ägypten nachmachen und die Freiheit beschneidende Diktatur beenden." Tirawi will so die Vorbereitungen zur "Revolution der Würde" fördern, zu der über Facebook für den 11. Februar aufgerufen worden war. Die parteilose Gruppe mit 8.316 Befürwortern beim Online-Netzwerk bezichtigt die Hamas, im Gazastreifen einen "zionistisch-iranischen Plan" umzusetzen. Die Gruppe will eine "friedliche Intifada für die Einheit und gegen das Emirat der Finsternis".

Der Nachschub für die Schmugglertunnel stockt.

Der Nachschub für die Schmugglertunnel stockt.

(Foto: dpa)

Salah Al-Bardawil, ein Hamas-Führer in Gaza erwiderte, dass weder Facebook noch Tirawi die Regierung in Gaza erschüttern könnten: "Gaza ist die Revolution an sich, ein Leuchtfeuer für die arabische Welt", sagte er. Während das Westjordanland von den Unruhen in Ägypten nichts spürt, gibt es offenbar direkte Auswirkungen auf das tägliche Leben im Gazastreifen.

Anfang der Woche kamen Beduinen aus dem Sinai an die Grenze und lieferten sich Feuergefechte mit ägyptischen Grenzpolizisten. Dabei soll es auch Tote gegeben haben. Die Polizisten hätten daraufhin ihre Posten verlassen, weshalb nun Tausende Palästinenser in Ägypten festsitzen. Allerdings gab es auch Meldungen, wonach die Hamas die Grenze geschlossen hätte, um "ein Chaos in Gaza zu verhindern".

Kaum Waren durch Schmugglertunnel

Wegen der Unruhen in Ägypten sind die Banken geschlossen. Es mangelt an Bargeld und Benzin. Die Lastwagen fahren nicht mehr. Den Läden gehen die Waren aus. Deshalb kam auch der "Handel" durch die Schmugglertunnel fast völlig zum Erliegen. Die britische Hilfsorganisation Oxfam berichtet, dass bis vor zwei Wochen etwa 80 Prozent aller Waren durch diese Schmugglertunnel in den Gazastreifen gelangten, darunter auch Benzin. Israel habe nun zudem seine Warenterminals geschlossen, behauptet Oxfam in seinem wöchentlichen Report über die Lage im Gazastreifen.

Eine israelische Militärsprecherin bezeichnete die Aussagen von Oxfam als "Propaganda und üble Provokation". Kerem Schalom, der Übergang für Lastwagen mit Hilfsgütern für den Gazastreifen sei täglich geöffnet, außer Freitags und am Samstag. Der Terminal Karni, wo über Förderbänder Mehl nach Gaza transportiert wird und durch riesige Schleusen andere Waren, sei in dieser Woche sogar an drei Tagen geöffnet gewesen, sonst nur zweimal die Woche.

Ägyptens Präsident Mubarak war für die Palästinenser als Vermittler wichtiger als die Amerikaner. Für Abbas war er der einzige Verbündete in der arabischen Welt. Für Hamas und Israel war Mubarak der Einzige, der mit beiden Seiten reden konnte und durch indirekte Verhandlungen in Kairo einen Waffenstillstand zustande brachte. Auch das ist einer der Gründe für die bislang verhaltenen Reaktionen auf die Revolte im nahen Staat.

Quelle: ntv.de

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