Sind Arafats Tage gezählt? Palästinensischer Machtkampf
04.07.2002, 11:46 UhrNach anhaltenden Personalspekulationen hat Palästinenser-Präsident Jassir Arafat Regierungskreisen zufolge den Sicherheitschef für das Westjordanland, Dschibril Radschub, entlassen. Radschub habe von Arafat ein Entlassungsschreiben erhalten, sagte ein ranghoher Palästinenser-Vertreter. Zuvor hatte Radschub frühere Berichte über seine Entlassung dementiert. Eine offizielle Stellungnahme gab nicht.
Arafat habe am Mittwoch entschieden, Radschub zum Gouverneur Dschenins zu ernennen, verlautete aus den Regierungskreisen. Radschub gilt als potenzieller Nachfolger Arafats im Präsidentenamt. Er hat Tausende von Sicherheitskräften unter seinem Befehl. Seine Beziehung zu Arafat soll sich in jüngster Zeit verschlechtert haben.
Im Laufe des Tages erklärte der als korrupt geltende Polizeichef von Gaza, Ghasi el Dschabali, nach Angaben aus Sicherheitskreisen seinen Rücktritt, um bei der angekündigten Präsidentenwahl in den Palästinenser- Gebieten zu kandidieren.
Informationsminister Jasser Abed Rabbo teilte mit, dass bis Freitag die neue Struktur der palästinensischen Sicherheitsdienste bekannt gegeben werde.
Die israelische Regierung beschrieb die Veränderungen als bedeutungslos. Verteidigungsminister Benjamin Ben Elieser erklärte, nur die Ablösung Arafats könne die Palästinenser retten. Im Gazastreifen demonstrierten mehrere tausend Menschen für Arafat und gegen den amerikanischen Präsidenten George W. Bush, der eine Ablösung der palästinensischen Führung gefordert hatte. Der israelische Minister ohne Geschäftsbereich, Eitam, erklärte, Arafat und "seine Mörderbande" müssten getötet werden.
Powell: Arafat kein Gesprächspartner
US-Außenminister Colin Powell bekräftigte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters die Forderung nach Reformen der palästinensischen Institutionen. Er wiederholte, dass die USA Arafat nicht mehr als Gesprächspartner akzeptierten. Die USA bemühten sich derzeit auf diplomatischem Wege um die Unterstützung der Europäischen Union (EU) für diese Position, sagte er.
US-Präsident George W. Bush hatte vor Kurzem eine neue Führung des palästinensischen Volkes und demokratische Reformen als Bedingungen für die Gründung eines Palästinenser-Staates genannt. Die USA und Israel werfen Arafat vor, radikale Palästinenser-Gruppen und deren Angriffe und Attentate auf Israelis zu unterstützen.
Auto explodiert in Gaza
Unterdessen wurden in Gaza mindestens zwei militante Palästinenser getötet, als ein Sprengsatz in ihrem Auto detonierte. Das teilten Augenzeugen und die Polizei mit. Wie aus palästinensischen Sicherheitsquellen verlautete, waren die beiden Getöteten im Alter von jeweils 27 Jahren Mitglieder der Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden. Es werde geprüft, ob die beiden einem israelischen Sprengstoffanschlag zum Opfer gefallen seien oder ob sie eine Bombe bei sich gehabt haben, die explodiert ist, erklärten palästinensische Sicherheitsleute.
Quelle: ntv.de