Opposition stellt Assad Bedingungen Panzer rücken in Banias ein
07.05.2011, 18:09 UhrNach Deraa greifen syrische Truppen eine weitere Hochburg der Aufständischen an. Die Armee rückt mit Panzern in Banias ein, mehrere Menschen kommen dabei ums Leben. Die Oppositionellen stellen erstmals konkrete Forderungen an Präsident Assad, darunter das Ende der Gewalt und freie Wahlen. Seinen Rücktritt verlangen sie nicht.
Ungeachtet internationaler Kritik versucht die syrische Führung weiterhin, die Protestbewegung mit massiver Militärpräsenz zu unterdrücken. Panzer rückten in die nordwestsyrische Protesthochburg Banias vor, wie Menschenrechtsvertreter telefonisch mitteilten. Zur Bedingung für ein Ende der Demonstrationswelle gegen Präsident Baschar al-Assad machte die Protestbewegung derweil freie Wahlen.
Die Panzer seien in Richtung der südlichen Stadtteile eingerückt, wo der Widerstand gegen die Regierung in Damaskus besonders stark ist, sagten die Aktivisten. Betroffen waren demnach sunnitische Bezirke. Die Stadtteile mit alawitischer Bevölkerung - die mächtige Minderheit in dem arabischen Land - seien nicht angegriffen worden. Einwohner hätten "menschliche Schutzschilde gebildet", um die Panzer an ihrem Vordringen zu hindern.
In der Stadt wurden den Angaben zufolge die Kommunikationsverbindungen sowie die Stromversorgung gekappt. Vor der Küste patrouillierten demnach Marineschiffe. Die Geschäfte hätten geschlossen, die Bewohner wagten sich nicht aus ihren Häusern, sagte ein Augenzeuge dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Vor knapp zwei Wochen hatte die syrische Armee die südliche Stadt Daraa einer ähnlichen Belagerung unterworfen.
"Die Lösung ist einfach"
Banias wurde seit mehr als einer Woche von der Armee umzingelt, in den vergangenen Tagen rückten nach Angaben der Menschenrechtsaktivisten Panzer und weitere Soldaten an. In der Stadt hatten auch am sogenannten Tag des Trotzes am Freitag wieder tausende Menschen gegen die Regierung von Staatschef Assad demonstriert. Laut Menschenrechtlern schossen syrische Streitkräfte zudem auf einen Protestzug von Frauen von Markab nach Banias und töteten dabei drei Demonstrantinnen, fünf weitere erlitten Verletzungen. Landesweit wurden am Freitag mindestens zwölf Demonstranten getötet. Auch fünf Angehörige der Armee und Polizei sollen ums Leben gekommen sein.
Erstmals seit Beginn der Protestwelle nannten die Gegner Assads unterdessen Bedingungen für ein Ende der Demonstrationen. Auf der Seite "Syrische Revolution 2011" im Internetnetzwerk Facebook hieß es an den Präsidenten gewandt: "Die Lösung ist einfach: Hören Sie auf, auf Demonstranten zu schießen und lassen Sie friedliche Demonstrationen zu." Zudem forderten sie die Freilassung politischer Gefangener, politischen Pluralismus sowie freie und demokratische Wahlen innerhalb von sechs Monaten.
Der Rücktritt des Präsidenten wurde nicht explizit gefordert. Assad könnte sogar "zum Stolz des gegenwärtigen Syrien" werden, wenn er das Land von der Diktatur in die Demokratie führe. "Die Syrer wären Ihnen dankbar dafür, und es kann getan werden", schloss der Aufruf. Zudem wurde Kritik an den allgegenwärtigen Bildern und dem Personenkult um Assad und seinen Vater Hafis laut. Der jüngere Assad hatte den im Jahr 2000 gestorbenen Langzeit-Herrscher im Amt beerbt.
Seit Ausbruch der Unruhen vor sieben Wochen sind laut der syrischen Organisation Sawasiah mindestens 800 Zivilisten getötet worden. Mehr als 8000 Menschen wurden festgenommen oder gelten als vermisst.
"Neue Maßnahmen ergreifen"
Die US-Regierung drohte für den Fall weiterer Gewalt gegen regierungskritische Demonstranten eine Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Damaskus an. Wenn die Führung die Gewalt nicht beende, würden die USA und ihre internationalen Partner "neue Maßnahmen ergreifen, um unsere entschiedene Gegnerschaft gegen die Art, wie die syrische Regierung ihr Volk behandelt, klar vernehmbar zu machen". teilte das Weiße Haus mit.
Ende April hatte US-Präsident Barack Obama Wirtschaftssanktionen gegen mehrere Mitglieder der syrischen Führung verhängt, darunter gegen Mahir al-Assad, einen Bruder des syrischen Staatschefs. Auch die EU-Länder einigten sich auf ein Sanktionspaket gegen das Land. Dazu gehören gezielte Strafmaßnahmen in Form von Einreiseverboten und Vermögenssperren gegen 13 Vertreter der Regierung in Damaskus, bislang jedoch nicht gegen Präsident Assad. Damit die bereits vereinbarten Sanktionen in Kraft treten können, muss noch ein abschließender Beschluss der EU-Mitgliedsstaaten folgen. Diplomaten zufolge wird damit gerechnet, dass die Sanktionen am Dienstag wirksam werden.
Experten halten die Sanktionen des Westens allerdings für unzureichend, um Syriens Elite wirklich ins Straucheln zu bringen. Demnach profitiert Assad auch vom fehlenden Druck der anderen autokratischen Regierungen in der Arabischen Liga. Der Generalsekretär des Golf-Kooperationsrats, Abdullatif al-Sajani, sagte, die arabischen Golfstaaten hätten keine Pläne, für Syrien einen ähnlichen Friedensplan wie für den Jemen auszuhandeln.
Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa