Kampf gegen Gaddafi verstärken Paris schickt Kampfhubschrauber
23.05.2011, 22:14 Uhr
Bewaffnung: Bislang setzt Frankreich vor allem Flugzeuge in Libyen ein.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Kampf gegen Libyens Diktator Gaddafi setzt Frankreich jetzt auch Hubschrauber und Spezialeinheiten zur Unterstützung am Boden ein. So könnten verdeckte Ziele leichter getroffen werden, heißt es. Deutschland eröffnet derweil ein Verbindungsbüro bei den Rebellen in Bengasi.
Frankreich will mit dem Einsatz von Kampfhubschraubern Bewegung in die festgefahrenen Kämpfe in Libyen bringen. Ziel seien genauere Angriffe auf Stellungen der Soldaten von Machthaber Muammar al-Gaddafi, sagte der französische Außenminister Alain Juppé in Brüssel. Die Entsendung geschehe im Einklang mit der UN-Resolution, die ein militärisches Eingreifen zum Schutze der Zivilbevölkerung vorsieht.
Der Zeitung "Le Figaro" zufolge brach das Kriegsschiff "Tonnerre" am 17. Mai mit zwölf Kampfhubschraubern an Bord von Frankreich aus auf. Aus französischen Diplomatenkreisen verlautete, es handle sich nicht um einen Alleingang der Regierung in Paris, sondern um eine koordinierte Aktion des Militärbündnisses. Ein NATO-Vertreter sagte, er wisse nicht, ob die Helikopter unter Kommando der Allianz eingesetzt würden. Dem "Figaro" zufolge könnten französische Spezialeinheiten in Libyen nun verstärkt werden, um Angriffe der Hubschrauber zu lenken. Helikopter würden zwar Angriffe auf verdeckte Ziele oder solche in Städten erleichtern. Andererseits können sie leichter abgeschossen werden als höher fliegende Flugzeuge.
Deutschland eröffnet Verbindungsbüro
Das libysche Außenministerium zeigte sich unterdessen über den Besuch der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Bengasi "überrascht". Die EU-Politikerin hatte dort am Vortag ein Vertretungsbüro der Union beim Nationalrat der Rebellen eröffnet. "Der Besuch als solcher legt nahe, dass die EU ein illegitimes Gremium anerkennt und auf eine Teilung Libyens abzielt", hieß es in der Erklärung des Ministeriums.
Auch Deutschland eröffnete ein Verbindungsbüro in der Rebellenhochburg Bengasi. Dies teilte Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel mit. "Zunächst arbeitet dieses Verbindungsbüro in provisorischen Räumlichkeiten", sagte der Minister. "Der Stab, an der Spitze mit einem erfahrenen Diplomaten, hat seine Arbeit bereits aufgenommen."
Die EU-Kommission stockte ihre humanitäre Hilfe für Libyen um 20 Millionen Euro auf. Das Geld werde dringend benötigt, um die Lage in dem Bürgerkriegsland zu verbessern, sagte die verantwortliche EU-Kommissarin Kristalina Georgieva in Brüssel. "Die Situation wird immer schwieriger", resümierte die Bulgarin. Insgesamt haben die EU und ihre Mitgliedsländer 125 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in Libyen bereitgestellt, davon entfallen auf die Kommission 70 Millionen Euro. Das Geld kommt Projekten zugute, die den Menschen in den von Rebellen kontrollierten Gebieten helfen.
Die Zahl der Menschen, die aus Angst um ihr Leben das nordafrikanische Land verlassen haben, ist mittlerweile auf etwa 850.000 gestiegen. Etwa die Hälfte floh nach Tunesien, rund 300.000 flüchteten nach Ägypten. Die meisten Flüchtlinge waren Gastarbeiter. "Es verlassen aber auch immer mehr Libyer ihr eigenes Land", sagte Georgieva.
Ölminister kehrt Gaddafi den Rücken
Der französischen Regierung zufolge geht es beim Einsatz der Hubschrauber nicht um einen Strategiewechsel. Zum Schutz der Bevölkerung seien aber nicht nur Angriffe auf gepanzerte Fahrzeuge und Flugzeuge nötig, sondern auch auf Kommandozentren und Versorgungsstrukturen, sagte Juppé. Sein britischer Kollege William Hague sagte, er stimme zu, dass der militärische, wirtschaftliche und diplomatische Druck auf Gaddafi erhöht werden müsse. Allerdings wollte sich Hague nicht zu der Frage äußern, ob Großbritannien auch Hubschrauber in das nordafrikanische Land schicken werde.
Die französische Regierung, einst einer der engsten europäischen Verbündeten Gaddafis, dringt gemeinsam mit Großbritannien und den USA seit längerem auf ein härteres militärisches Vorgehen gegen Gaddafi. Das Mandat der Vereinten Nationen sieht allerdings nur die Durchsetzung einer Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung vor.
Die Rebellen hoffen unter dem Eindruck der festgefahrenen Kämpfe auf einen Zusammenbruch der libyschen Regierung. Nach dem Außenminister setzte sich nach Regierungsangaben nun auch der Ölminister ins Ausland ab. Schokri Ghanem arbeite nicht mehr für die Regierung in Tripolis, sagte der amtierende Außenminister Muldi Kefi. Im März war bereits der damalige Außenminister Mussa Kussa nach Großbritannien geflohen.
Die Opposition will aber nach eigenen Angaben "niemals" einen Bodeneinsatz der NATO zulassen. Die Luftangriffe der Allianz seien aber richtig. Das sagte der Oppositionsvertreter und frühere Außenminister Abdul Rahman Schalkam bei einem Besuch in Moskau nach Angaben der Agentur Interfax. Schalkam traf in Moskau mit Außenminister Sergej Lawrow zusammen. Diese Begegnung zeige, dass Russland die Oppositionsregierung in der Rebellenhochburg Bengasi anerkannt habe, sagte Schalkam. Von russischer Seite gab es dazu keinen Kommentar.
Quelle: ntv.de, dpa/rts