Geiseldrama um Franzosen Paris soll mit Bin Laden reden
19.11.2010, 15:50 UhrWenn Frankreich seine in Nordafrika entführten Landsleute wiedersehen will, muss es seine Soldaten aus Afghanistan abziehen. Das verlangt der nordafrikanische Ableger der Al-Kaida, Aqmi. Zudem müsse Paris direkt mit Osama bin Laden darüber verhandeln. Die französische Regierung lehnt das Ansinnen ab und will sich nicht erpressen lassen.

Aktuelle Bilder von Bin Laden gibt es nicht. So stellt sich das FBI den Al-Kaida-Führer heute vor.
(Foto: REUTERS)
Im Geiseldrama um fünf in Nordafrika entführte Franzosen hat das Terrornetzwerk Al-Kaida die Regierung in Paris erstmals zu direkten Verhandlungen mit seinem Chef Osama bin Laden aufgefordert. In einer Audiobotschaft des Al-Kaida-Ablegers in Nordafrika (Aqmi) wurde erneut auch ein Abzug der französischen Truppen aus Afghanistan verlangt. Die Regierung in Paris erklärte, sie lasse sich ihre Politik nicht diktieren.
Der Chef des nordafrikanischen Al-Kaida-Flügels, Abdelmalek Droukdel, sagte in der vom katarischen Fernsehsender El Dschasira am Donnerstagabend gesendeten Audiobotschaft über die Verhandlungen zur Geiselfreilassung: "Jede Art von Gespräch über dieses Thema wird in Zukunft nur mit unserem Scheich Osama Bin Laden (...) unter dessen Bedingungen möglich sein." Wenn Frankreich seine Landsleute heil sehen wolle, dann müsse das Land "sich beeilen" und seine Soldaten aus Afghanistan nach einem präzisen Zeitplan abziehen, den die Regierung öffentlich machen solle, hieß es weiter. Seit Jahren ist unklar, wo sich Bin Laden aufhält; er wird im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet vermutet.
Große Sorgen um Geiseln, aber ...
Die französische Regierung teilte mit, sie prüfe die von dem auf die Überwachung islamistischer Websites spezialisierten US-Unternehmen SITE transkribierte Botschaft auf ihre Echtheit. Die neue Außenministerin Michèle Alliot-Marie erklärte, Frankreich lasse sich "seine Politik nicht von außen diktieren". Die Regierung tue alles, damit die Geisel unversehrt freikämen. Ex-Verteidigungsminister Hervé Morin sagte dem Sender France Info, der Hinweis auf Bin Laden sei neu: "Das ist etwas, das wir bei anderen Geiselnahmen dieser Art nicht kannten."
Ende Oktober hatte Bin Laden in einer ihm zugeschriebenen Botschaft den Abzug der französischen Truppen aus Afghanistan gefordert. Frankreich sei ansonsten nicht sicher. Präsident Nicolas Sarkozy hatte bereits damals geantwortet, dass sich Frankreich "seine Politik von niemandem und sicher nicht von Terroristen diktieren lassen" werde. In einem Fernsehinterview am Dienstagabend sagte Sarkozy, er mache sich zwar große Sorgen um die Geiseln in Nordafrika, doch werde Frankreich seine Politik keinesfalls wegen der Drohungen ändern.
Der nordafrikanische Al-Kaida-Zweig hatte sich im September zur Entführung von fünf Franzosen sowie zwei Afrikanern im Norden des westafrikanischen Landes Niger bekannt. Die Entführten, die später vermutlich nach Mali gebracht wurden, arbeiteten für den französischen Atomkonzern Areva, der im Niger Uran abbaut, sowie für eine Auftragsfirma. Im Juli hatte die Gruppe einen im Niger verschleppten Franzosen ermordet, nachdem bei einem mauretanisch-französischen Militäreinsatz mindestens sechs Al-Kaida-Anhänger getötet worden waren.
Quelle: ntv.de, AFP