"Eine Welt, ein Traum ..." Peking unterbindet Kritik
07.08.2007, 07:28 UhrBei einer Protestaktion an der Großen Mauer bei Peking sind sechs tibetische Unabhängigkeitsaktivisten festgenommen worden. Ein Jahr vor Beginn der Olympischen Spiele in Chinas Hauptstadt hätten sie ein 42 Quadratmeter großes Spruchband entrollt, berichteten die beiden beteiligten internationalen Organisationen "Free Tibet Campaign" und "Students for a Free Tibet" in einer Mitteilung.
Die Aufschrift "Eine Welt, ein Traum - befreit Tibet 2008" in Chinesisch und Englisch spielte auf das offizielle Motto der Spiele an. Die Polizei löste den Protest nach zwei Stunden auf und nahm die Aktivisten fest. Ihr Schicksal war zunächst ungeklärt.
Der Protest richtete sich gegen die chinesische Herrschaft über Tibet, das sich die kommunistische Volksrepublik nach dem Einmarsch der Volksbefreiungsarmee 1951 als autonome Region einverleibt hatte. Tenzin Dorjee, Vizedirektor von Students for a Free Tibet, sprach von der "brutalen Besetzung Tibets". "Der olympische Traum der Tibeter ist Freiheit bis August 2008." Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die Weltgemeinschaft sollten helfen, dass dieser Traum auch Wirklichkeit werde.
Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) sieht das Ansehen der Olympischen Spiele durch Berichte über Folter und unfaire Gerichtsverfahren in China bereits beschädigt. Geringe Fortschritte bei der Verbesserung der Menschenrechtslage während der Vorbereitungen auf die Sommerspiele in Peking 2008 seien überschattet von zunehmendem Vorgehen der Behörden gegen Aktivisten und Journalisten, erklärte AI in Washington.
Offizielle Erklärungen der chinesischen Behörden legten nahe, dass die Olympischen Spiele genutzt würden, um Unterdrückung "im Namen von 'Harmonie' oder 'sozialer Stabilität' zu rechtfertigen". Die Pekinger Regierung erhofft sich von den Olympischen Spielen eine Verbesserung ihres Ansehens weltweit. Bei der Bewerbung 2001 hatte sie Verbesserungen bei der Menschenrechtslage und der Pressefreiheit zugesagt. Die Spiele beginnen am 8. August 2008.
Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch prangerte ebenfalls die anhaltende Beschränkungen für die Arbeit ausländischer Medien in China an. Die Organisation warf Peking vor, ausländische Journalisten weiterhin einzuschüchtern, zu belästigen und festzuhalten. Damit verletze China seine Verpflichtungen gegenüber dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC), die Freiheit der Berichterstattung zu gewährleisten, hieß es in einem Bericht der in New York ansässigen Organisation.
Erst am Montag waren bei einer Aktion von Reporter ohne Grenzen vor dem Olympia-Hauptquartier in Peking rund ein Dutzend Mitarbeiter ausländischer Medien festgehalten und befragt worden, die über den Protest berichten wollten. Der 40-seitige Bericht von Human Rights Watch dokumentiert, wie chinesische Behörden trotz neuer Freiheiten für Journalisten, Interviews zu führen oder im Land zu reisen, die Arbeit ausländischer Medien unverändert behindern. "Das olympische Versprechen über die Medienfreiheit scheint mehr ein Werbetrick zu sein als eine aufrichtige politische Initiative", sagte Asiendirektor Brad Adams.
Obwohl die neuen Vorschriften den Zugang zu bestimmten Dissidenten und normalerweise pressescheuen Funktionären erleichtert hätten, hätten Korrespondenten berichtet, dass ihre Recherchen routinemäßig von Behördenvertretern, Polizei und Zivilbeamten behindert würden, die die neuen Bestimmungen "ignorieren oder absichtlich verspotten", heißt es in dem Bericht der Organisation. Die größten Probleme gebe es mit heiklen Themen wie Bürgerrechtlern, die chinesische Herrschaft in Tibet, die Aids-Epidemie und Fragen der sozialen Sicherheit wie Aufstände, Demonstrationen und deren Folgen.
Quelle: ntv.de