Sozialverband sieht Grundrecht verletzt Pflegenotstand kommt vor Gericht
08.11.2014, 14:15 Uhr
Personalmangel, Zeitdruck, hohe Arbeitsbelastung und Überstunden sieht der Sozialverband VdK als Ursachen für den Pflegenotstand.
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Die Zustände in deutschen Pflegeheimen lassen mitunter zu wünschen übrig. Dass pflegebedürftige Menschen vernachlässigt werden, ist offenbar keine Seltenheit. Nun reichen sieben absehbar Betroffene eine Verfassungsbeschwerde ein.
Der Sozialverband VdK will vor dem Bundesverfassungsgericht eine Verbesserung der Zustände in Pflegeheimen durchsetzen. Sieben absehbar auf Pflege angewiesene Betroffene hätten vor dem höchsten deutschen Gericht mit Unterstützung des VdK Verfassungsbeschwerde eingereicht, teilte der Verband mit. Sie wollten damit "gegen die Verletzungen der Grundrechte in deutschen Pflegeheimen" vorgehen, erklärte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Der VdK werde alle Möglichkeiten nutzen, um Pflegebedürftige zu schützen. Jeder habe das Recht auf ein würdiges Leben bis zuletzt.
In Pflegeheimen komme es zu oft zu Verstößen gegen die im Grundgesetz geschützte Menschenwürde. "Vernachlässigung, Druckgeschwüre, mangelnde Ernährung, Austrocknung und freiheitsentziehende Maßnahmen mit Fixiergurten oder durch Medikamente kommen leider hierzulande viel zu häufig vor", sagte Mascher. Von Einzelfällen könne nicht die Rede sein. Verantwortlich dafür sei nicht das Pflegepersonal, erklärte der VdK. Schuld daran seien Personalmangel, Zeitdruck, hohe Arbeitsbelastung und Überstunden. Hinzu komme eine zu geringe Bezahlung.
Betroffen - und wehrlos
Die sieben Beschwerdeführer seien Personen, "die aufgrund ihrer Lebenssituation damit rechnen müssen, in einem Pflegeheim untergebracht zu werden". Sie führten die Beschwerden, weil die Wahrscheinlichkeit sehr groß sei, dass sie in ihren Grundrechten verletzt würden, sagte der Verfassungsrechtler Alexander Graser. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, gingen sie davon aus, dass sie von den Missständen betroffen sein werden, ohne sich dagegen wehren zu können.
In Deutschland gibt es rund 2,6 Millionen Pflegebedürftige. Etwa 30 Prozent von ihnen leben in Pflegeheimen. Zum 1. Januar 2015 steigen die finanziellen Leistungen an Pflegebedürftige, aber auch das Pflegepersonal. Die Zahl der Betreuungskräfte in Heimen soll von 25.000 auf 40.000 steigen. Für diese erste Stufe der Pflegereform hatte der Bundesrat am Freitag den Weg freigemacht. Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wird dafür um 0,3 Prozentpunkte angehoben, was Mehreinnahmen von etwa 3,6 Milliarden Euro bringt.
Quelle: ntv.de, asc/rts/dpa