Politik

"Nicht demografiefest" Pflegeplan stößt auf breite Kritik

Die Pläne der Koalition zur Pflegereform stoßen auf breite Kritik. Der Deutsche Pflegerat und die SPD sagen, nötig seien bis zu fünf Milliarden Euro statt der eingeplanten 1,1 Milliarden. Die Arbeitgeber kritisieren, dass die Frage der dauerhaften Finanzierung nicht geklärt sei.

Laut Experten wird sich die Zahl der Dementen binnen 50 Jahren verdoppeln.

Laut Experten wird sich die Zahl der Dementen binnen 50 Jahren verdoppeln.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Deutsche Pflegerat hat der Bundesregierung Versagen bei der Pflegereform vorgeworfen. "Die Versorgung wird so nicht demografiefest", sagte Verbandspräsident Andreas Westerfellhaus der Nachrichtenagentur dpa.

Am Mittwoch hatten sich die Gesundheitsexperten von Union und FDP auf eine Anhebung der Pflegesätze geeinigt. Opposition und Sozialverbänden geht die angestrebte Reform nicht weit genug.

Eine grundsätzliche Neuordnung der Pflegeversicherung werde auf die lange Bank geschoben, sagte Westerfellhaus. "Wenn man es ernsthaft anpacken will, braucht es eine Summe von drei bis fünf Milliarden Euro", sagte Westerfellhaus. Nun werde stattdessen an einzelnen Stellschrauben gedreht.

Eine halbe Million Demenzkranke sollen ab Anfang 2013 mehr Geld bekommen. In den einzelnen Pflegestufen plant die Koalition höhere Leistungen zwischen 70 und 215 Euro. Insgesamt sind Verbesserungen für 1,1 Milliarden Euro geplant, wofür die Beiträge um 0,1 Punkte steigen sollen. Der Zeitpunkt für eine Neuausrichtung der Pflegeversicherung durch den geplanten neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff kann laut Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) noch nicht genannt werden. Seit 2009 vorliegende Pläne sehen dafür vor, dass mehr Menschen etwa mit Demenz Pflegeleistungen erhalten.

Lauterbach: Bedarf ist höher

Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte Kritik an den Plänen der Koalition. Statt zusätzlicher Mittel von einer Milliarde Euro jährlich rechne er mit einem Bedarf von vier bis fünf Milliarden Euro jährlich, sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kritisierte Bahrs Pläne ebenfalls. "Es ist unverantwortlich, zusätzliche Leistungen anzubieten, ohne die Frage ihrer dauerhaften Finanzierung beantworten zu können. So darf keine Pflegereform angegangen werden", sagte Hundt der "Welt". Nach seiner Auffassung könnte bei Gesamtausgaben der Pflegekassen in Höhe von jährlich rund 20 Milliarden Euro eine bessere Versorgung von Demenzkranken "auch über Strukturreformen und Umschichtungen gelingen". Er sagte: "Notwendig ist nicht mehr Geld, sondern ein effizienterer Einsatz der Mittel, vor allem durch mehr Wettbewerb."

SPD-Experte fordert fünf Stufen

Lauterbach forderte eine umfassende Reform der Pflegeversicherung. "Die Einstufung der Pflegebedürftigen muss reformiert werden, statt der bisherigen drei Pflegestufen benötigen wir fünf Stufen, damit Leistungen passgenau gewährt werden können."

Eine "echte Pflegereform" würde auch eine "Entbürokratisierung" beinhalten, sagte Lauterbach. Trotz der unzureichenden Finanzausstattung der Pflegeversicherung würden im derzeitigen System Finanzmittel "für überflüssige Bürokratie verschwendet".

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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