Risiken früher erkennen Pflicht zur Vorsorge
19.12.2007, 07:16 UhrMit verpflichtenden Vorsorgeuntersuchungen und einer engeren Vernetzung von Ärzten, Jugendämtern und Polizei wollen Bund und Länder den Kinderschutz stärken. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten in Berlin, durch die Zusammenarbeit verschiedener Institutionen sollten Risiken für Kinder wie Verwahrlosung oder Missbrauch künftig früher erkannt werden. Außerdem solle eine zusätzliche Frühuntersuchung für Kleinkinder zwischen zwei und vier Jahren eingeführt werden. Auf die Forderung der SPD nach einer zusätzlichen Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz konnte sich die Runde vorerst nicht einigen.
Merkel sagte, sie sei generell zurückhaltend mit Verfassungsänderungen zugunsten einzelner Gruppen. Zudem bestehe die Gefahr, den Schutz der Familien aufzuweichen, warnte die CDU-Vorsitzende. "Wir brauchen einen besseren Datenabgleich zwischen Ämtern und Kommunen", sagte Merkel. Dazu würden Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) mit den Ländern Beratungen aufnehmen. Außerdem sollten die Familiengerichte in Zukunft schneller bei Verdachtsfällen in Risikofamilien eingreifen können. Insgesamt werde damit der Weg geebnet für eine "Kultur des Hinsehens und des Nicht-Wegsehens".
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) pochte auf eine Verfassungsänderung und rief die Unionsseite auf, ihre Bedenken fallen zu lassen. Auch die CSU ist offen für eine gesonderte Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kündigte an, Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sei beauftragt worden, verbindliche Regeln für die Kinderärzte auszuhandeln, damit die Mediziner zur Weitergabe verdächtiger Befunde an die zuständigen Behörden verpflichtet würden. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Lage der Kinder in Deutschland innerhalb eines halben Jahres spürbar verbessern werde.
Nach einer Serie von Todesfällen vernachlässigter Kinder war zwischen Union und SPD ein Wetteifer um Konzepte für einen besseren Kinderschutz entbrannt.
Grüne und Linkspartei kritisierten, der entscheidende Schritt der Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz sei nicht getan worden. Die FDP sprach von voreiligem Aktionismus. Hilfsangebote ohne konkrete Anweisungen und finanzielle Mittel für die zügige Umsetzung seien nicht mehr als eine vorweihnachtliche Beruhigung des Gewissens, erklärte die kinder- und jugendpolitische Fraktionssprecherin Miram Gruss.
Quelle: ntv.de