Politik

"Nichts im Leben ist umsonst" Piñera weit entfernt von Dialog

Im Würgegriff der Polizei: Der Filmemacher Ignacio Ruiz wollte während der Studentenproteste drehen.

Im Würgegriff der Polizei: Der Filmemacher Ignacio Ruiz wollte während der Studentenproteste drehen.

(Foto: REUTERS)

Über die Hälfte der chilenischen Bevölkerung kann sich gute Bildung nicht leisten, das südamerikanische Land gilt als eines der teuersten weltweit. Seit Monaten gehen Schüler, Studenten und Lehrer für eine Reform des Systems auf die Straße. Bei einer Großdemonstration in der Hauptstadt Santiago kommt es zu Ausschreitungen.

Chiles Präsident Sebastián Piñera hat die Forderung der Studenten nach kostenloser Bildung für alle mit harschen Worten zurückgewiesen. "Wir alle wollen Bildung, Gesundheitsversorgung und viele andere Dinge umsonst, doch ich will daran erinnern, dass nichts im Leben umsonst ist. Jemand muss dafür zahlen", sagte Piñera. Würde der Staat kostenlose Bildung für zehn Prozent der Bevölkerung geben, müssten alle, einschließlich der Armen, dafür zahlen.

Der Zurückweisung vorausgegangen war allerdings ein Aufruf zum Dialog. Erst am Mittwoch hatte sich Regierungssprecher Andrés Chadwick an die protestierenden Studenten gewandt und behauptet: "Der Wille zum Dialog ist da, sagt mir nur wann und wo."

In Chile protestieren Schüler, Lehrer und Studenten seit Monaten für eine stärkere finanzielle Beteiligung des Staates an der Bildung sowie für eine bessere Ausstattung der staatlichen Schulen. In der vergangenen Woche eskalierten die Proteste, es kam zu heftigen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Gewerkschaften kündigten an, sich den Protesten gegen den weiteren Rückzug des Staats anschließen zu wollen.

Proteste gehen weiter

Auch in dieser Woche gingen die Proteste weiter; allein am Dienstag waren fast 400 Menschen festgenommen worden. Neben Tausenden Studenten und Schülern demonstrierten in Santiago de Chile auch Beamte und Arbeiter des wirtschaftlich bedeutenden Kupfersektors. Auch in anderen Städten im Land gab es Demonstrationen, unter anderem in Concepción und Valparaíso. Insgesamt wurden seit Beginn der Proteste mehr als 800 Menschen festgenommen. Mindestens 78 Menschen sind verletzt, darunter 55 Polizisten.

In Chile sind alle Universitäten und ein Großteil der Schulen gebührenpflichtig. Die Kosten eines Universitätsstudiums übersteigen die finanziellen Möglichkeiten von mehr als der Hälfte der Bevölkerung.

Der seit mehreren Monaten andauernde Konflikt um eine Reform des Bildungs- und Erziehungssystems hat die Regierung Piñeras in ein Popularitätstief gestürzt. Letzten Umfragen zufolge wird sie nur noch von 25 Prozent der Bürger unterstützt. Der Mitte-Links-Opposition geht es mit rund 20 Prozent Unterstützung auch nicht besser.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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