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"Das ist ärgerlich für mich" Pistorius unzufrieden mit Kompromiss bei Bundeswehr-Etat

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"Ich muss mich darauf einstellen und das Beste daraus machen", kommentierte Pistorius den geplanten Verteidigungsetat von 53,2 Milliarden Euro.

"Ich muss mich darauf einstellen und das Beste daraus machen", kommentierte Pistorius den geplanten Verteidigungsetat von 53,2 Milliarden Euro.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach wochenlangem Streit einigt sich die Bundesregierung auf einen Haushaltsentwurf. Dringende Investitionen müssen abermals aufgeschoben werden, kritisiert Verteidigungsminister Pistorius. Der Bundeswehr-Generalinspekteur warnt, dass Russland in weniger als zehn Jahren NATO-Staaten angreifen könnte.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat die geringen Steigerungen für die Bundeswehr nach der Einigung der Ampel-Spitzen im Haushaltsentwurf deutlichen kritisiert. "Ja, ich habe deutlich weniger bekommen, als ich angemeldet habe. Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen", verkündete Pistorius vor dem anstehenden NATO-Gipfel in Washington.

Der Kompromiss der Bundesregierung für den Staatshaushalt des kommenden Jahres sieht einen kleineren Verteidigungsetat vor, als von Pistorius gefordert. Der Verteidigungsminister hatte einen Bedarf von rund 58 Milliarden Euro angemeldet, der Kompromiss sieht lediglich rund 53 Milliarden Euro vor. Bis zum Jahr 2028 soll der Wehretat dann aber auf rund 80 Milliarden Euro anwachsen.

Der Bundeswehr-Generalinspekteur, Carsten Breuer, erwartet nun Garantien für eine deutliche Aufstockung in den kommenden Jahren. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hofft indes zumindest vorübergehend auf ein Ende der Haushalts-Debatte.

Nur 1,2 Milliarden Euro mehr

Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner hatten in der Nacht zum Freitag den seit Monaten schwelenden Haushaltsstreit beigelegt und sich auf Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2025 geeinigt. Die Schuldenbremse wird eingehalten, eine Haushaltsnotlage etwa wegen der Ausgaben für die militärische und humanitäre Unterstützung der Ukraine wird nicht festgestellt. Darauf hatte vor allem Finanzminister Lindner gepocht.

Der Verteidigungshaushalt von derzeit rund 52 Milliarden Euro soll demnach nur um etwa 1,2 Milliarden Euro aufwachsen. Pistorius hatte deutlich mehr und eine Ausnahme dieser Ausgaben von der Schuldenbremse gefordert. Daran gibt es deutliche Kritik, auch aus der Ampel-Koalition. Pistorius sagte zu dem Etatentwurf: "Wir werden sehen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter ergibt. Ich muss mich darauf einstellen und das Beste daraus machen."

"Was nützt Gerät, wenn Soldaten es nicht betreiben können?"

"Angesichts der Bedrohungslage brauchen wir eine Verstetigung", erklärte Generalinspekteur Breuer indes der "Süddeutschen Zeitung". Breuer zufolge werde das 100-M-Sondervermögen bis Ende des Jahres vertraglich komplett gebunden sein, da mit der Anschaffung von neuen Waffensystemen auch die Betriebskosten angestiegen sind.

"Was nützt neues Gerät, wenn die Soldaten es nicht betreiben können?" erklärte er und warnte davor, dass Russland sich um das Jahr 2029 herum auch gegen NATO-Staaten wenden könne. "Die russischen Streitkräfte planen einen Aufwuchs auf 1,5 Millionen Soldaten, das sind mehr Soldatinnen und Soldaten als in der gesamten EU." Maßnahmen zur Abschreckung seien daher umso wichtiger.

"Wir bräuchten eine Diskussion darüber, wie viel uns Sicherheit wert ist und worauf wir verzichten wollen, wenn wir die zwei Prozent langfristig im Haushalt verankern", betonte auch der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen. Hintergrund ist die Vorgabe der NATO an ihre Mitgliedstaaten, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben.

Kühnert wünscht sich "kleine Sommerpause"

Der SPD-Generalsekretär, Kevin Kühnert hingegen, hoffte in der Debatte hingegen erst einmal auf Ruhe. "Konkrete Diskussionen über Korrekturen am Haushalt ergeben erst Sinn, sobald der ausgefertigte Haushaltsentwurf des Kabinetts beschlossen wurde. Das wird am 17. Juli der Fall sein", erklärte Kühnert der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Zumindest bis dahin sollte der Berliner Politikbetrieb sich und den Menschen im Land eine kleine Sommerpause gönnen."

Kühnert bezeichnet den Kompromiss der Ampel-Spitzen als "gute Grundlage" für die weiteren Haushaltsberatungen. "Selbstverständlich wird der Deutsche Bundestag im Herbst noch kleinere und größere Änderungen am Haushalt vornehmen, das ist ganz normal". Der Bundestag soll sich dann im September erstmals mit dem Etat befassen und bis zum Dezember endgültig beschließen.

Grüne rechnen mit schwierigen Verhandlungen im Bundestag

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Die Grünen haben bereits deutlich gemacht, dass sie schwierige Verhandlungen im Bundestag erwarten, und zwar in mehreren Bereichen. Führende Finanz- und Haushaltspolitiker mahnten höhere Investitionen an. "Die Bahn muss besser finanziert werden", sagte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler der "Süddeutschen Zeitung".

Die Regierung müsse die Sanierung der wichtigsten Trassen garantieren. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte dem Blatt: "Deutschland kann sich kaputtsparen nicht leisten." Alle Wege für mehr Investitionen müssten nun tatsächlich maximal ausgeschöpft werden, ob in den einzelnen Etats, bei der Bahn oder über die KfW.

Quelle: ntv.de, gri/dpa

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